Kokain-Postulat

«Dealer Corner» für legales Koks in Bern? Das sagt der Experte

· Online seit 02.06.2023, 19:48 Uhr
Die Alternative Linke Bern will, dass sich die Stadt Bern für ein Kokain-Pilotprojekt einsetzt. Am Donnerstag hat der Stadtrat das entsprechende Postulat überwiesen. Carl Müller von der Stiftung Contact ordnet ein, wie zielführend das Postulat und ein Pilotprojekt sind.

Quelle: TeleBärn

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«Das Postulat zielt in eine generelle Richtung zur Entkriminalisierung des Konsums», sagt Carl Müller, stellvertretender Geschäftsleiter der Stiftung Contact. Die Stiftung unterstützte Entkriminalisierung.

Inwiefern ist eine Entkriminalisierung hilfreich?

«Kombiniert mit einem regulierten Zugang zu Suchtmitteln hilft die Entkriminalisierung insofern, als man damit eine viel bessere Kontrolle hat, was für Suchtmittel konsumiert werden und in welcher Qualität diese sind», so Müller. Dies wäre sehr hilfreich – für Konsumentinnen und Konsumenten als auch für die Gesellschaft generell. Wenn es ganz reguliert würde und Zugang schaffe, würde der Schwarzmarkt mehr oder weniger eliminiert.

Was ist das Problem dabei, dass Kokain illegal ist?

«Es kommen Suchtmittel auf den Markt, die dermassen gesundheitsschädigend sind, dass die Nebenwirkungen durch die gesundheitsschädlichen Stoffe, die drin sind, fast grösser sind, als die negativen Auswirkungen der Suchtmittel selbst.»

Wird Kokain durch Entkriminalisierung verharmlost?

«Es ist ganz wichtig, dass man nichts verharmlost», sagt Carl Müller. Das habe aber mit illegalen oder legalen Suchtmitteln nichts zu tun. Man dürfe auch Alkohol nicht verharmlosen. Er betont: «Legal, illegal – das sind untaugliche Kategorien.» Man müsse wirklich schauen, wie schädlich es im Einzelnen sei – je nach Abhängigkeits- und Schadenspotenzial des Suchtmittels. Und je nachdem müsse man entsprechend auch Massnahmen und die Prävention ausrichten und danach handeln.

Was ist das Problem am Postulat?

«Das Postulat setzt von der Stossrichtung am richtigen Ort an. Aber von uns aus gesehen muss beim Kokain der Zugang reguliert sein.» Der Stv. Geschäftsleiter der Stiftung Contact führt aus: «Das, was vorgeschlagen wird, mit den Dealer-Cornern, entspricht nicht dem, wie wir es uns vorstellen würden.» Die Stiftung Contact hätte lieber einen regulierten Zugang zu solchen Suchtmitteln. So habe man auch eine bessere Möglichkeit, die Konsumentinnen und Konsumenten zu begleiten, zu beraten und zu betreuen, so Müller.

Ist es die Aufgabe der Stadt?

«Das Thema Entkriminalisierung und der regulierte Zugang zu Suchtmittel muss ganz klar über das Bundesgesetz – über das Betäubungsmittelgesetz – geregelt werden.» Diese Ebene ist laut Carl Müller wichtiger, denn wenn man es dort nicht regelt, kann man es im Lokalen oder Regionalen auch nicht umsetzten. «Natürlich muss der Druck von den Städten kommen, weil sie das Problem haben und sehen», so Müller. Dies sei bereits in den Neunzigerjahren bei der Entstehung der Heroinabgabe der Fall gewesen. Städte müssten darauf einwirken, dass auf Bundesebene etwas passiert, aber selber haben sie keine grossen Handelsmöglichkeiten.

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veröffentlicht: 2. Juni 2023 19:48
aktualisiert: 2. Juni 2023 19:48
Quelle: BärnToday

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