Quelle: BärnToday / Warner Nattiel
Ein Grossteil der rund 200 Billettautomaten der BLS hat demnächst ausgedient. Da ihr Betrieb teuer ist – vor allem, wenn Bargeld verarbeitet wird – sollen die neuen Automaten keinen Münz- und Notenprüfer mehr haben. Über dieses Vorgehen hat die BLS bereits im Frühling 2023 informiert – gestern sprach das Kantonsparlament darüber. Obwohl die Nachfrage nach solchen Automaten stetig abnimmt, ist die Empörung riesig.
«Für ältere Leute ist es schwierig!»
Auf Social Media hagelt es unter einem Beitrag von BärnToday zum Thema dutzende kritische Kommentare: «E Grund meh z Outo z nä» oder «Souerei, geht gar nicht, wer denkt an die älteren Leute», schreiben Userinnen und User.
Bei einer Umfrage auf Berner Strassen fallen die Antworten etwas differenzierter aus: «Ich denke, es gibt Vor- und Nachteile. Einerseits ist das die Zukunft und andererseits gibt es noch viele Menschen, die damit nicht zurechtkommen. Ich denke an die ältere Generation. Für diese wird es extrem problematisch. Auch die Schalter schliessen und irgendwann hat man nur noch die Möglichkeit, Tickets elektronisch zu kaufen.»
BLS: «Bargeld-Funktion macht Automaten teuer»
Die BLS begründet ihren Entscheid damit, dass die aktuellen Automaten ihr Lebensende von 15 Jahren erreicht hätten und ersetzt werden müssten. «Wir müssen zusehen, dass wir das Geld möglichst sinnvoll investieren und haben uns deshalb entschieden, bei den neuen Automaten auf Bargeld zu verzichten – denn das ist jener Teil, der Automaten sehr teuer macht», erklärt Mediensprecher Stefan Locher.
Dass dieser Entscheid für viele – und insbesondere für ältere Menschen – eine Umstellung bedeutet, sei der BLS bewusst, so Locher. Aber: «Uns ist wichtig zu erwähnen, dass unser Personal im Zug oder in den Reisezentren Unterstützung bietet, wenn sich Menschen unsicher fühlen, den neuen Automaten zu bedienen.»
Pro Senectute: «Sind überzeugt, dass Bargeld in zehn Jahren nicht mehr gebraucht wird»
Dass das Thema Bargeld «hochemotional» ist, weiss auch Pro Senectute, die grösste Schweizer Fach- und Dienstleistungsorganisation für Altersfragen. Peter Burri Follath, Leiter Kommunikation, sieht in digitalen Zahlungsmitteln viele Vorteile und stellt klar: «Wir sind überzeugt, dass Bargeld in zehn Jahren nicht mehr gebraucht wird. Aber bis dann benötigen wir gute Lösungen.» An Neuerungen – wie die bargeldlosen BLS-Automaten – müsse man sich gewöhnen. Das benötige Zeit. «Wir appellieren hier insbesondere an öffentliche Verkehrsbetriebe, genug Zeit für solche Änderungen zu geben», betont Burri Follath.
Konsumentenschutz sieht auch für Kinder und Jugendliche ein Problem
In den bargeldlosen Billetautomaten sieht die Stiftung für Konsumentenschutz nicht nur ein Problem für ältere Menschen. «Man denkt da auch an Kinder oder Jugendliche, die das Ticket noch mit Bargeld lösen müssen, weil sie noch keine digitalen Lösungen haben», sagt Geschäftsführerin Sara Stalder auf Anfrage von BärnToday. Klar ist: «Man benachteiligt einen Teil der Menschen – auch jene, die eigentlich Datenschutz-freundlich unterwegs sein möchten. Schliesslich hinterlassen alle digitalen Zahlungsmittel eine Datenspur.»
Man dürfe Menschen, die ohne digitale Zahlungsmittel unterwegs sind, nicht vergessen, betont Stalder. «Auch für diese Leute muss man weiterhin Lösungen parat haben. Wenn man als Unternehmen anfängt, nur bargeldlos zu funktionieren, muss man sich bewusst sein, dass man einen Teil der Bevölkerung ausschliesst.»
Bargeld erfülle zwecks Marktkontrolle nach wie vor eine wichtige Funktion, erklärt die Konsumentenschützerin. «Hätte man plötzlich kein Bargeld mehr, würde das bedeuten, dass alle Zahlungsdienstleister eine grosse Macht erhalten.» Würde diese ausgenützt, könne das dazu führen, dass man für diese Dienstleister mehr zahlen müsse – «beispielsweise in Form von Gebühren, die zwar im Hintergrund laufen, aber auf Produkte geschlagen werden können.»
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