Quelle: Tele M1 / 32Today / Jael Fischer
Wird der Kanton Solothurn neu mit einer Mitte-Links-Vertretung wie bisher vertreten sein? Die Antwort lautet Ja, falls Franziska Roth gewählt wird. Oder jagt Christian Imark der Sozialdemokratie den Sitz ab, den sie seit 24 Jahre besetzt? Diese Frage klärt sich am 19. November. Es könnte knapp werden.
Von sehr links bis sehr rechts
Franziska Roth ist seit vier Jahren Nationalrätin. Im Parlamentarier-Ranking der NZZ steht sie auf der Links-Rechts-Skala bei -7,3, was sie innerhalb der SP eher am linken Rand ansiedelt. Ihre Positionen werden aber recht selten als extrem wahrgenommen, weil es Roth versteht, mit ihrer offenen und leutseligen Art viele Leute abzuholen.
Christian Imark steht in diesem Rating bei einem Wert von 8,3 und damit im breiten Mittelfeld in der SVP-Fraktion. Es gibt deutlich rechtere, aber auch deutlich linkere Parteikollegen. Imark hat sich vor allem in Abstimmungskämpfen ein «Hardliner»-Image eingehandelt, etwa mit markigen Auftritten in der Arena. Er ist aber keiner vom Schlage eines Andreas Glarner, die provozieren um der Provokation willen.
Die Geschlechter- und Altersfrage
Mit Pirmin Bischof (Mitte) wurde ein Mann im gesetzten Alter bereits im ersten Wahlgang am 22. Oktober gewählt. Eine Solothurner Ständerätin gab es in der Geschichte erst eine, mit Rosmarie Simmen (CVP) von 1987 bis 1999. Franziska Roth wird also bei vielen Frauen einen Vorteil haben.
Christian Imark wäre zwar ein weiterer Mann in diesem Amt, auch er wäre aber ein «seltener Vogel», und zwar was die Partei betrifft. Noch nie hat es die Solothurner SVP in den Ständerat geschafft, obwohl sie bei den Nationalratswahlen klar die stärkste Partei im Kanton war. Einen kleinen Vorteil hat Imark punkto Alter: Er ist 16 Jahre jünger als Roth.
Die Regionenfrage
Pirmin Bischof ist Stadtsolothurner, Franziska Roth auch. Eine Doppelvertretung der Kantonshauptstadt im weit verzweigten Kanton Solothurn könnte Christian Imark einige zusätzliche Stimmen bringen, denn als Schwarzbube vertritt er eine ländliche Region des Kantons. Weil auch im Nationalrat der obere Kantonsteil übervertreten ist, könnte die Herkunft für Roth ein kleines Handicap sein.
Roth betont allerdings, sie arbeite seit Jahrzehnten als Heilpädagogin im Thal und kenne damit auch die Sorgen und Nöte der Landbevölkerung aus erster Hand.
Die Rolle der anderen Parteien
Die FDP hat sich für Imark ausgesprochen, Grüne und Grünliberale halten zu Roth. Und die Mitte gibt keine Empfehlung ab, sie hat mit Pirmin Bischof ihren Sitz im Ständerat schon im Trockenen. Insofern hat Imark die etwas grössere Hausmacht.
Die Leute folgen aber längst nicht immer den Parteiempfehlungen. Gerade die Parole der FDP nach dem schlechten Abschneiden ihres eigenen Kandidaten Remo Ankli im ersten Wahlgang, sorgte parteiintern für Zoff. Denn SVP und FDP haben das Heu in vielen Fragen nicht auf der gleichen Bühne. Gerade der abtretende FDP-Nationalrat Kurt Fluri und die SVP werden keine Freunde mehr.
Die Persönlichkeit
Stärker ins Gewicht als Parteiempfehlungen fallen Antipathie und Sympathie. In diesem Feld können beide Kandidierenden punkten. Dass Franziska Roth eine sehr gesellige und sympathische Person ist, wissen im Kanton alle. Sie hat keine Berührungsängste – auch mit politischen Gegnern.
Auch Christian Imark ist im persönlichen Umgang offen und hat sich im Wahlkampf Mühe gegeben, sein Hardliner-Image abzustreifen. Dass er keine Betonideologie vertritt, hat er mit seinem Präsidium des Kantonsrats 2012 gezeigt, als er gerade erst 30-jährig war.
Zu sagen ist auch, dass die harten Auseinandersetzungen vor der Kamera und auf Podien häufig nur Theater sind. Hinter den Kulissen verstehen sich Politikerinnen und Politiker häufig bestens, sachliche Differenzen hin oder her.
Die Prognose
SVP-Politiker haben es im Kanton Solothurn seit jeher schwer – kein einziger hat bisher in einer Persönlichkeitswahl gesiegt, weder für den Regierungsrat noch für den Ständerat. Christian Imark ist zwar zuzutrauen, dass er diese Decke durchbricht. Bei vielen Wählerinnen und Wählern ist aber ein «Anti-Reflex» festzustellen, wenn es darum geht, jemanden von der SVP zu wählen.
Insofern ist Franziska Roth, obwohl ihre politischen Ansichten etwa genau so links sind wie jene von Imark rechts, leicht im Vorteil. Sofern es ihr gelingt, aus der Mitte und aus dem Freisinn genügend Stimmen zu holen.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.