Mittelland
Kanton Solothurn

Diese Gemeinden im Mittelland haben keine Beiz mehr

Fertig lustig

Diese Gemeinden im Mittelland haben keine Beiz mehr

09.03.2023, 12:16 Uhr
· Online seit 07.03.2023, 06:48 Uhr
Immer mehr Restaurants und Beizen schliessen, häufig auch in Dörfern. In mindestens neun Gemeinden im Kanton Solothurn und im Oberaargau gibt es keine Dorfbeiz mehr. In einer Gemeinde im Solothurner Jura ist die Beizendichte dafür besonders gross.
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Dorfbeizen scheinen immer mehr von der Bildfläche zu verschwinden. Während es früher fast in jedem Dorf mindestens ein Restaurant gab, so kann es heute zusehends schwierig werden, einen Ort zum Einkehren zu finden. In einigen Gemeinden des Mittellandes hat es sogar gar keine Restaurants mehr: Grindel, Bolken, Kammersohr, Hüniken und Hubersdorf. Der Oberaargau zählt vier weitere Gemeinden, die ohne Dorfbeiz auskommen müssen: Rütschelen, Auswil, Busswil bei Melchnau und Walliswil bei Wangen.

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Kammersrohr ist mit ungefähr 30 Einwohnerinnen und Einwohner die kleinste Gemeinde im Kanton Solothurn. «Wir haben noch nie eine Dorfbeiz gehabt», erklärt der Gemeindepräsident Ueli Emch. Die nächstgelegene Beiz liegt im Nachbarsdorf Günsberg.

Ebenfalls «beizenlos» ist Hüniken, wie die Gemeindeverwaltung bestätigt. Das einzige Restaurant hat schon vor einiger Zeit geschlossen. Immerhin seien mehrere Verpflegungsmöglichkeiten in den Nachbardörfern Etziken und Horriwil ganz in der Nähe.

Beizenflaute in Bolken und Hubersdorf

Anders als in Kammersohr hatten die Leute in den Gemeinden Bolken und Hubersdorf vor Jahren die Wahl, ihr Feierabendbier in zwei Beizen zu geniessen. Heute sieht die Situation anders aus. «Wir haben kein Restaurant mehr und auch keinen Laden und keine Post. Wir haben nichts davon», bedauert die Finanzverwalterin der Gemeinde Hubersdorf.

Auch in Bolken stehe keine Wiedereröffnung bevor, weil keine geeignete Liegenschaft zur Verfügung stehe, so die Gemeindeverwaltung.

Im Oberaargau sieht die Situation ebenfalls nicht rosig aus. Busswil bei Melchnau, Walliswil bei Wangen und Auswil gehören zu den «beizenlosen» Gemeinden. Die Leute aus Busswil bei Melchnau müssen seit über zehn Jahren auf die altbekannte Dorfbeiz «Pintli» verzichten und für ihr Feierabendbier in die umliegenden Dörfer reisen, berichtet Peter Wegmüller. Das sei im Dorf durchaus ein Thema, sagt der Gemeindepräsident.

Auswil ist mit demselben Problem konfrontiert wie die Solothurner Gemeinde Bolken: Es sind keine passenden Liegenschaften mehr für das Gastgewerbe vorhanden. Das Dorf musste sich erst kürzlich von der letzten Beiz verabschieden. «Der Besitzer musste das Rössli vor einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen schliessen», so die Gemeindeverwaltung Auswil.

Die Leute in Rütschelen haben zwar ebenfalls keine Beiz mehr, können aber bei besonderen Gelegenheiten ins «Pöstli» ausweichen. Das Pöstli ist jedoch nur am Donnerstagmorgen, für Gemeindeversammlungen und bei Abstimmungen geöffnet, so die Gemeindeschreiberin.

Gemeinde mir rekordverdächtiger Beizendichte

Balm bei Günsberg zählt etwas als 200 Einwohnerinnen und Einwohner und hat den Luxus, etwa fünf Beizen im Dorf zu haben. Im Gegensatz zu seinen Nachbardörfern ist Balm bei Günsberg touristisch attraktiv und bietet mit dem Balmberg viele Ausflugsmöglichkeiten. Skifahren im Winter, auf Wander- oder Biketour gehen im Sommer und für Abenteuerlustige eignet sich der Seilpark. Die Ortschaft ist klein, aber fein.

Imbisskultur macht den Beizen das Leben schwer

Peter Oesch, Präsident von GastroSolothurn, hat für den Beizenrückgang auf dem Land mehrere Erklärungen: «Das Rauchverbot, die Alkoholkontrollen auf den Strassen und die schlechteren Busverbindungen in den Dörfern sind für einen erfolgreichen Restaurantbetrieb ein grosses Hindernis.»

Die Leute tränken ihr Feierabendbier in der Stadt und kehrten erst später wieder nach Hause in ihr Dorf zurück. Auf dem Land hätten es Beizen und Restaurants deshalb oft schwer - in den Städten sei hingegen ein Zuwachs zu beobachten, so Peter Oesch.

Der Trend zur schnellen Verpflegung an der Döner-Bude und das Homeoffice stünden der Beizenkultur ebenfalls im Weg. «Geht man in einen Döner, zahlt man 10 bis 13 Schweizer Franken. Geht man in ein Restaurant essen, dann zahlt man mehr, denn es braucht die ganze Infrastruktur. Kebap-Läden haben diese Kosten nicht», sagt Peter Oesch.

Der Profit ist meist ultraknapp

Wer erfolgreich eine Beiz führen will, müsse ein sehr gut durchdachtes Konzept haben. Es müsse attraktiv wirken und auf die Menschen zugeschnitten sein. Ein weiterer wichtiger Faktor seien die Kosten: Etwa die Hälfte mache das Personal aus. Dazu kämen die Warenkosten sowie der Strom und die Miete.

Mit viel Glück und Können erziele man am Schluss einen Gewinn von zwei Rappen pro Umsatzfranken, erklärt Peter Oesch.

Abgebranntes Café im Schwarzbubenland

Wer in Grindel eine Beiz sucht, wird nur die Brauerei «Bäramsle» finden. «Die Brauerei ist aber privat, sehr klein und hat keine Beizen-Funktion», berichtet die Gemeindeverwalterin. Sie habe grosses Pech gehabt, dass ein Café abgebrannt ist und die Besitzer der beiden Beizen pensioniert wurden.

Welches ist deine Lieblingsbeiz im Mittelland? Schreibe es in die Kommentare und diskutiere mit.

veröffentlicht: 7. März 2023 06:48
aktualisiert: 9. März 2023 12:16
Quelle: 32Today

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