Die 1:85-Initiative verlangt, das Stellenwachstum der Solothurner Kantonsverwaltung zu stoppen. In Zukunft soll es nicht mehr als einen Kantonsangestellten auf 85 Einwohnende geben. Das Anliegen wird von der Regierung und einer knappen Mehrheit des Kantonsrats abgelehnt. Wir haben beim Solothurner Landammann und Finanzdirektor Peter Hodel (FDP) nach den Gründen für die Ablehnung der Regierung nachgefragt.
32Today: Die Initiative verlangt eine Plafonierung der Zahl der Staatsangestellten. Wie sympathisch ist Ihnen das Anliegen?
Peter Hodel: Das Anliegen ist auch ein Anliegen der Solothurner Regierung. Auch wir möchten eine Verwaltung, die ihre Aufgaben effizient und zeitgerecht erfüllen kann. Von dem her ist das ein Anliegen, welches auch die Regierung hat – auch ohne Initiative.
Wieso lehnt der Regierungsrat die Initiative ab?
Wir lehnen die Initiative aus drei Gründen ab: Zum einen verlangen die Initianten den Faktor 1:85 über die gesamte Verwaltung – und das ist zu starr. Die Verwaltung ist viel dynamischer unterwegs. Zum Zweiten haben die Regierung und das Parlament schon jetzt genügend Instrumente, um Einfluss auf die Grösse der Verwaltung zu nehmen. Da braucht es das Instrument, wie es in der Initiative vorgesehen ist, nicht. Und zu guter Letzt kann die Initiative dazu führen, dass die Verwaltung Leistungen abbauen muss. Der Kanton Solothurn hat schon jetzt eine anerkannt schlanke Verwaltung. Bei Annahme der Initiative bestünde die Gefahr, dass wir Dienstleistungen auslagern müssten. Da bin ich nicht sicher, ob das das Ziel sein kann.
Tatsache ist aber, dass die Verwaltung des Kantons Solothurn in den letzten Jahren stärker gewachsen ist als die Bevölkerung.
Das ist so, das streitet die Regierung auch gar nicht ab. Die Initianten nehmen für ihre Berechnungen als Basis das Jahr 2019. Danach kam Corona, was zu einem massiven Anstieg beim Personal der Verwaltung führte. In der Zwischenzeit geht die Verhältniszahl aber wieder in die Richtung, die die Initiative verlangt. Damit zeigen wir, dass wir selber schauen, dass die Verwaltung nicht zu stark wächst, sondern in diesem Mass grösser wird wie auch die Anforderungen aus Politik und Gesellschaft grösser werden.
Es wird oft gesagt, es werde immer mehr verlangt vom Kanton und der Verwaltung. Ist das so?
Das war in den letzten Jahren sicher so. So mussten wir zum Beispiel die Sonderschulen in die Kantonale Verwaltung integrieren. Das sind deutlich mehr als 100 Personen, welche aufgrund einen Entscheids des Parlaments Teil der Kantonalen Verwaltung wurden. Das gleiche gilt für die Integration der Stadtpolizei Olten und Grenchen in den Kanton.
Dazu kommen Aufgaben, die wir neu übernehmen müssen. Wir schauen dabei natürlich immer, was wir mit dem bestehenden Personal machen. Da wir aber schon sehr schlank aufgestellt sind, führt auch das wieder zu einem Personalwachstum. Hinzu kommen auch noch neue Anforderungen des Bundes – zum Beispiel bei der Strafprozessordnung – die dazu führen, dass es auch hier mehr Personal braucht.
Müsste es in Zeiten von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz möglich sein, gewisse Aufgaben mit weniger Leuten zu erledigen?
Das ist so und das wird auch bereits so umgesetzt. In der Steuerverwaltung werden zum Beispiel mit gleich viel Personal mehr Steuerdossiers bearbeitet. Um die Digitalisierung umsetzen zu können, brauchen wir in der Verwaltung das entsprechende Know-how. Dafür hat das Parlament zusätzliche Stellen bewilligt.
Sie werfen der Initiative vor, sie sei zu starr. Aber helfen genaue Vorgaben und Regeln der Politik nicht, effizienter zu werden?
Die Regierung sagt, die Initiative sei zu starr formuliert, weil sie das Verhältnis von 1:85 über die ganze Verwaltung verlangt. Wenn das Parlament feststellt, dass die Polizei mehr Ressourcen benötigt, dann wird das bewilligt. Wenn die Schülerzahlen steigen, dann braucht es mehr Pensen und dadurch mehr personelle Ressourcen.
Aktuell macht der Regierungsrat eine Leistungsüberprüfung. Wir könnten uns deshalb vorstellen, dass wir in Zusammenhang damit überprüfen, wie unsere Verwaltung wächst. Das macht aber nur Sinn, wenn das in den einzelnen Teilbereichen der Verwaltung passiert. Die Initiative will das aber über die ganze Verwaltung machen, was aus unserer Sicht nicht machbar ist. Im vergangenen Jahr brauchte es zum Beispiel im Bildungsbereich 20 Pensen mehr. Wie sollten diese zusätzlichen Stellen an einem anderen Ort bei der Verwaltung abgebaut werden? Das ist bei unserer schlanken Organisation schlicht nicht möglich.
Ist es aber nicht so, dass der Kantonsrat nur wenig Einfluss auf die Verwaltung nehmen kann, weil er nur Budgets absegnen kann?
Mit der wirkungsorientierten Verwaltungsführung kann der Kantonsrat im Rahmen der Globalbudgets festlegen, welche Leistung er möchte und wie viele finanzielle Mittel er dafür zur Verfügung stellt. Er kann nicht direkt sagen, wie viele Personen dies machen sollen. Eine gewisse Flexibilität brauche es aber in der Verwaltung. Nach drei Jahren kann der Kantonsrat die Arbeit der Verwaltung überprüfen und Anpassungen für das neue Globalbudget vornehmen.
Sie halten nichts von der These, die besagt, dass eine Verwaltung nicht kleiner werden kann, weil sie sich einfach eine neue Aufgabe sucht, wenn eine andere wegfällt?
Rund 90 Prozent der Pensen in der Verwaltung der Solothurner Verwaltung beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage. Wenn wir wollen, dass wir nicht mehr wachsen, dann müssen wir Leistungen abbauen – und diese Leistungen beruhen auf gesetzlichen Grundlagen. Und damit kommen wir mit der Initiative in Konflikt. Die verlangt nämlich, dass die Regierung das Verhältnis von 1:85 innerhalb von zwei Jahren wieder herstellt, wenn es aufgrund von Veränderungen in der Verwaltung nicht mehr stimmt. Die Regierung kann aber nicht in eigener Kompetenz Leistungen verändern. Dafür braucht es das Parlament. Und sollten diese Volksvertreter die Anträge der Regierung nicht genehmigen, dann weiss ich nicht, was die Regierung machen müsste.
Wie ist es für Sie persönlich? Sie sind ja Ihren Wählerinnen und Wählern verpflichtet, sind aber auch Chef des kantonalen Personals.
Es geht hier nicht um die Haltung von Peter Hodel als Person. Ich vertrete die Haltung der Regierung. Die gründet auf einem Meinungsbildungsprozess innerhalb des Regierungsrates und die vertrete ich in meiner Rolle als Finanzdirektor des Kantons Solothurn.
Sollte die Initiative angenommen werden am 3. März, wie wäre dann das weitere Vorgehen?
Die Umsetzung wird nicht ganz einfach. Die Initiative wurde in Form einer Anregung eingereicht. Das lässt ein wenig Spielraum. Vieles ist aber klar: Das Verhältnis 1:85 steht fest, innerhalb von zwei Jahren muss das Ganze umgesetzt werden. Nach der Abstimmung hat die Regierung 15 Monate Zeit, um eine Vorlage auszuarbeiten, welche dann den Weg durch die politischen Instanzen nehmen wird.
Sollte die Initiative abgelehnt werden, sind im Parlament ja schon weitere Vorstösse angekündigt, die in eine ähnliche Richtung gehen.
Die Regierung hat dem Parlament bereits mitgeteilt, dass sie bereit wäre, die Steuerung der Pensen in der kantonalen Verwaltung durch das Finanzdepartement überprüfen zu lassen. Solche Vorstösse würden bei uns also offene Türen einrennen.
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