Im Kanton Zug ist es zu einem Zwischenfall gekommen zwischen einem Hund, der in einigen Kantonen als gefährlich eingestuft wird, und einem Kind. Der Miniature Bullterrier verletzte den Neunjährigen, der daraufhin mit der Rega ins Spital geflogen werden musste. Im Kanton Zug gibt es keine Hundelisten. Das gleiche gilt für den Kanton Bern.
Die Listen dienen in vielen anderen Kantonen dazu, als gefährlich eingestufte Hunde zu verbieten oder zumindest eine Bewilligung einzufordern. Im Nachbarkanton Freiburg ist zum Beispiel die Rasse American Pit Bull Terrier verboten. Andere Rassen wie Rottweiler, Dobermann oder Schäferhunde sind in Freiburg bewilligungspflichtig.
Eine Statistik des Kantons Bern zeigt, dass Hundebisse keine Seltenheit sind. Im Jahr 2021 wurden 501 Vorfälle von Hundebissen gegenüber Menschen gemeldet. 376 Meldungen gab es zu Hunden, die andere Hunde bissen.
«Solche Listen sind keine Lösung»
Dennoch: Nadja Herren, Expertin für Hundetraining im Kanton Bern, findet, dass Listen keine Lösung sind: «Ich finde es gut, dass der Kanton Bern keine solchen Listen hat, denn sie sind grundsätzlich unsinnig, weil man eine Gefährlichkeit eines Hundes nicht an seiner Rasse festmachen kann. Die Rasse hat Einfluss auf die Beurteilung der Gefährlichkeit, zudem aber auch die Genetik, die meiner Meinung mehr ausmacht als die Rasse.»
Da seit Anfang 2017 das nationale Obligatorium eines Hundekurses aufgehoben wurde, dürfen jegliche Hunderassen im Kanton Bern ohne Hundekurs gehalten werden. Ein Ansatz könnte also sein, eine Schulpflicht für Hundehalter zu veranlassen, wie Herren erklärt: «Der Kanton Bern hat keine Hundeschulpflicht. Ich denke aber, eine grundsätzliche Kurspflicht wäre ein positiver Ansatz. Die Kurse, die Pflicht waren, wurden damals schlecht umgesetzt. Es ist schade, hat man diese abgeschafft statt ausgebaut und verbessert.»
Doch auch mit Kursen oder eben Listen seien die Probleme nicht einfach zu lösen, wie Herren erklärt: «Jemand, der einen Listenhund will, wird einen Listenhund kaufen – auch wenn die Rasse verboten ist.» Herren zieht einen Vergleich mit Drogen. «Wenn man sie verbietet, werden sie dennoch konsumiert und gehandelt.»
Weiter könne man die Listen umgehen, indem man neuartige Rassen kauft, die aus verschiedenen Listenrassen gezüchtet werden. Das Problem ist vielseitig: «Ich bin der Meinung, dass diese Listen das Problem sogar verschärfen können. Seit es diese gibt, hat es neue Rassenkreationen gegeben, die auch zu Problemen führen. Diese neuen Rassen stehen dann erstmal nicht auf einer Liste. So wird versucht, die Problematik zu umgehen», so die Expertin.
Handeln, bevor etwas Schlimmes passiert
Anderer Meinung ist EVP-Nationalrat Marc Jost: «Ich finde spezifische Listen sinnvoll und würde es auch begrüssen, wenn bei bestimmten Rassen höhere Anforderungen gestellt würden - beispielsweise eine Melde- oder Bewilligungspflicht. Eine Kurspflicht würde ich für alle Hunde vorsehen, auch der Umgang mit dem Hund muss gelernt sein und kann nicht einfach vorausgesetzt werden.»
Dass die obligatorische Kurspflicht für alle Hunde abgeschafft wurde, bedauert der Thuner Nationalrat: «Ich würde es nach wie vor begrüssen, wenn eine solche Pflicht wieder eingeführt wird. Einerseits wegen der erhöhten Sicherheit für den Menschen, aber auch für den besseren Umgang mit den Tieren selbst.» Und hier solle Marc Jost zufolge proaktiv gehandelt werden. «Es soll nicht erst etwas Schlimmes passieren, bevor die Politik handelt.»