«Ich habe für die Lepra-Mission Schweiz das grösste Lepra-Spital der Welt besucht. Dort habe ich eine unvorstellbare Armut angetroffen. Ich traf Menschen, die von der Krankheit gezeichnet und verstümmelt waren. Diese Patienten haben aber während Wochen oder Monaten keinen Besuch von der Familie oder von Angehörigen bekommen. Diese Menschen waren Ausgestossene aus der Gesellschaft», so schildert Markus Freudiger seinen ersten intensiven Kontakt mit der Krankheit Lepra.
«Das ist meine Leidenschaft»
Für ihn sei das wie eine Berufung gewesen. Er wollte aus der reichen Schweiz den Lepra-Erkrankten helfen und den Kampf gegen die Krankheit unterstützen. Als Geschäftsleiter der Lepra-Mission Schweiz sammelt er hierzulande Geld, um damit in den betroffenen Gebieten Spitäler und Programme gegen Lepra zu unterstützen. «Das ist meine Leidenschaft.»
Lepra ist eine bakterielle Infektionskrankheit. Sie betrifft heute fast nur noch Menschen, die in grosser Armut und unter schlechten Bedingungen leben – in Slums zum Beispiel. Dreiviertel der Ansteckungen passieren in Indien, Bangladesch oder Nepal. Lepra kommt aber auch in verschiedenen Ländern Afrikas, in Brasilien und in Indonesien vor. Auch heute noch erkrankt im Durchschnitt alle zwei Minuten ein Mensch an dieser Krankheit.
Bakterium sorgt für Gefühlsverlust
Das Lepra-Bakterium greift die Nerven an. Bei einer angesteckten Person zeigen sich zuerst Flecken auf Haut, Hände und Füsse. An diesen Stellen verliert der Patient das Tastgefühl. Sie empfinden keinen Schmerz mehr und verletzen und verbrennen sich dadurch oft und immer wieder. Das gibt Wunden, Verletzungen und Infektionen und führt in gravierenden Fällen zu verstümmelten oder amputierten Gliedmassen.
Lepra ist eine ansteckende Krankheit. Allerdings braucht es intensiven Kontakt über eine längere Zeit mit einer infizierten Person, damit man angesteckt wird. Dazu kann es nach einer Infektion bis zu fünf Jahre dauern, bis die ersten Symptome auftreten. Lepra-Kranke würden stark stigmatisiert, sagt Markus Freudiger. Die Patienten sähen schlimm aus und würden deshalb oft ausgeschlossen und ausgegrenzt.
Lepra ist heilbar
Lepra sei mittlerweile heilbar, sagt der Geschäftsleiter der Lepra-Mission Schweiz weiter. Seit den 80er Jahren gäbe es ein Medikament, welches die Bakterien absterben lasse. Die Lepra-Kranken seien dann nicht mehr ansteckend. Die Folgeschäden aber würden bleiben. «Der Gefühlsverlust bleibt bis ans Lebensende – und damit auch die ständige Gefahr, sich irgendwo zu verletzen. Mir hat ein Lepra-Kranker in Nepal gesagt, Schmerz sei ein Geschenk Gottes. Ohne Schmerz fehle das wichtige Frühwarnsystem des Körpers.»
Solche Erfahrungen hat auch Dan Izzett gemacht. Er war in Simbabwe an Lepra erkrankt. Inzwischen ist er geheilt und lebt mit seiner Frau Babs in England. Er hat ein amputiertes Bein und kein Gefühl mehr in seinen Händen. Deshalb verletzt er sich dort auch immer wieder. Beim letzten Mal habe er sich mit der Hand auf der heissen Oberfläche eines Vakuumiergeräts abgestützt, erzählt er. Die schweren Verbrennungen hätten dazu geführt, dass er einen weiteren Finger an der rechten Hand verloren habe.
Mittlerweile ist Dan Izzett zusammen mit seiner Frau für die internationale Lepra-Mission unterwegs. Er unterstützt Betroffene in vielen Ländern und erzählt an Informationsveranstaltungen seine Lebensgeschichte. Das wird er auch am 1. September in Burgdorf tun. Dann wird im «Siechenhaus» in Burgdorf das 150-Jahre-Jubiläum der internationalen Lepra-Mission mit geladenen Gästen gefeiert. Die Veranstaltung findet im privaten Rahmen statt und ist nicht öffentlich.
Seit 1905 gibt es die Lepra-Mission Schweiz
Die Lepra-Mission Schweiz ist Teil dieses internationalen Netzwerks. Sie wurde 1905 gegründet und ist damit eines der ältesten Hilfswerke in unserem Land. Der Geschäftsleiter Markus Freudiger wohnt in Wiedlisbach und schätzt den kurzen Arbeitsweg in die Geschäftsstelle der Lepra-Mission Schweiz in der Berner Gemeinde Herzogenbuchsee. Davor habe die Organisation ihren Sitz jahrelang im solothurnischen Egerkingen gehabt, sagt er.
Die Lepra-Mission Schweiz sei CEWO zertifiziert, sagt Freudiger weiter. Damit sei garantiert, dass über 80 Prozent der gespendeten Gelder für die konkrete Projektarbeit aufgewertet werden. «Transparenz ist uns sehr wichtig. Wir haben eine Webseite, auf der man den Jahresbericht einsehen kann. Dort sind auch die Löhne der Geschäftsleitungsmitglieder aufgeführt.»
ZeroLepra bis 2035
Ziel der internationalen Lepra Mission sei es, die Ansteckungen bis 2035 weltweit zu stoppen. «Das ist ambitioniert, aber ich glaube, es ist machbar.» Trotzdem werde es auch nach 2035 noch vereinzelt Lepra-Kranke geben, sagt Markus Freudiger weiter.
Durch die Inkubationszeit von fünf Jahren können bei infizierten Personen auch viel später noch die ersten Symptome auftauchen.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.