Mittelland
Oberaargau

Heftige Kritik in Niederbipp: Kanton Bern plant Ausbau in Wolfisberg

Alpenblick Wolfisberg

Niederbipp wehrt sich gegen die Ausbaupläne des Kantons

· Online seit 13.08.2024, 16:28 Uhr
Anfang 2024 zogen die ersten Bewohnenden im ehemaligen Hotel Alpenblick in Wolfisberg ein. Mittlerweile wohnen dort 60 Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Lage sei meistens ruhig, die Unzufriedenheit bei Anwohnenden und Behörden aber nach wie vor gross, sagt die Gemeindepräsidentin.
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Anfang Jahr sind die ersten Personen ins ehemalige Hotel Alpenblick in Wolfisberg eingezogen. Der Ort hoch oben am Jurasüdfuss hat 180 Einwohnende und gehört zur Berner Gemeinde Niederbipp. «Aktuell wohnen dort 60 Menschen aus der Ukraine, zum Teil ganze Familien», sagt die Gemeindepräsidentin von Niederbipp, Sybille Schönmann.

Man habe sich mittlerweile ein bisschen aneinander gewöhnt, sagt sie. Erst gerade vor Kurzem habe es wegen Lärmbelästigungen aber etwas Unruhe gegeben.

Klagen wegen Lärmbelästigungen

Die Ruhezeiten über Mittag und am späteren Abend seien nicht eingehalten worden, sagt Schönmann. Die Anwohnenden hätten sich gestört gefühlt und ihren Unmut in einem Brief an die Gemeinde kundgetan. Man habe dann vonseiten der Gemeinde versucht, Kontakte zu knüpfen, um die Situation zu beruhigen. Sonst sei die Situation rund um den Alpenblick im ersten halben Jahr aber ziemlich ruhig gewesen, betont die Gemeindepräsidentin.

Es gebe regelmässig einen runden Tisch mit allen Beteiligten, sagt Schönmann. «Dabei sind die Leitung des Zentrums, die Anwohnenden, die Polizei und Vertreter der Gemeinde und der Schule. Das ist immer ein sehr guter Austausch. Den haben wir so alle sechs Wochen.» Die Leitung im Alpenblick mache einen guten Job und die Kommunikation funktioniere sehr gut, sagt sie.

Das hänge sicher auch damit zusammen, dass im ehemaligen Hotel ausschliesslich Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus S leben, sagt Sybille Schönmann. So gebe es viel weniger Probleme und Konflikte als wenn Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern zusammenleben würden.

Kanton Bern will Unterkunft ausbauen

Der Kanton Bern habe mittlerweile wieder ein Baugesuch für die Erweiterung der Unterkunft auf 120 Personen eingereicht. Dieses Gesuch sei ausgeschrieben gewesen und die Bevölkerung habe Einsprachen machen können, sagt die Gemeindepräsidentin von Niederbipp. «Es hat diverse Einsprachen gegeben. Die Leute befürchten, dass es mit doppelt so vielen Personen im Alpenblick deutlich schwieriger würde.»

Neben der zusätzlichen Lärmbelastung sei auch die Angst vor einer langfristigen Nutzung des ehemaligen Hotels gross, sagt Schönmann. Aktuell habe der Kanton einen Mietvertrag auf drei Jahre mit Option auf Verlängerung. Sollte die Unterkunft auf 120 Personen erweitert werden, würde es wohl darauf hinauslaufen, dass der Alpenblick deutlich länger auf diese Art genutzt würde.

Sollte der Ukraine-Krieg irgendwann zu Ende gehen und die Familien wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren, würde die Unterkunft in Wolfisberg wohl als Asylunterkunft genutzt. Dann würden im Alpenblick Leute aus der ganzen Welt untergebracht. «Die Leute haben Angst, dass dann hier nicht mehr Familien untergebracht sind, sondern vor allem junge Männer aus verschiedensten Kulturen», sagt Sybille Schönmann.

Kein Fremdenhass in Wolfisberg

Man habe in Wolfisberg und Niederbipp nichts gegen Menschen aus dem Ausland, Fremdenfeindlichkeit sei hier überhaupt kein Thema, sagt die Gemeindepräsidentin. «Das grösste Problem ist nach wie vor, wie vom Kanton mit uns kommuniziert wurde. Wir wurden nie mit ins Boot geholt. Wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.» Dazu sei zum damaligen Zeitpunkt Niederbipp die einzige Gemeinde im ganzen Oberaargau gewesen, welche Flüchtlinge übernehmen musste.

«Man hat nicht verstanden, dass ausgerechnet das abgelegene Wolfisberg mit der fehlenden Infrastruktur die Leute beherbergen muss», so Schönmann. Wolfisberg habe keine Einkaufsmöglichkeiten und keine Schule. Es gebe auch keine Betriebe oder Industrie, welche die Leute aus dem Alpenblick beschäftigen könnten, sagt die Gemeindepräsidentin. Der Kanton habe einen Bus organisiert, der die Flüchtlinge zum Einkaufen nach Niederbipp fahren könne.

Die Kinder seien bis jetzt im Alpenblick beschult worden. Mit dem Beginn des neuen Schuljahres würden sie aber jetzt in die Regelklassen integriert. Auch das sei nicht ganz einfach, da in Niederbipp der Schulraum knapp sei.

Kanton habe Versprechen nicht eingehalten

In diesem Zusammenhang kommt Sybille Schönmann noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen, der sie etwas «hässig» gemacht habe. An der Informationsveranstaltung zur Umnutzung des Hotels Alpenblick habe der Kanton Bern versprochen, dass für die Gemeinde Niederbipp keine zusätzlichen Kosten entstehen.

«Leider stimmt das überhaupt nicht. Es wird zwar alles bezahlt, was mit der Schule zu tun hat. Den ganzen Rest müssen wir selber bewältigen. So sind im ersten halben Jahr Kosten von rund 16'000 Franken aufgelaufen. Dies müssen nun unsere Steuerzahlenden berappen. Das finden wir nicht in Ordnung.»

Diese Kosten entstünden vor allem durch den zusätzlichen Aufwand in der Verwaltung, erklärt die Gemeindepräsidentin. Dagegen könne man nichts machen, das habe sie beim Kanton abgeklärt. Offenbar habe der Amtsleiter an der Infoveranstaltung in Wolfisberg Versprechungen gemacht, die so nicht korrekt seien.

Bessere Verteilung und absehbares Ende der Umnutzung gewünscht

«Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wäre das wohl, dass wir den Mietvertrag nach drei Jahren auslaufen lassen und die Unterkunft schliessen können – und dass auch mal andere Gemeinden im Oberaargau Flüchtlinge oder Asylanten nehmen müssten», sagt Sybille Schönmann. Sie hätten in Niederbipp schon einmal freiwillig für zwei Jahre eine Unterkunft geführt. Damals sei vom Kanton versprochen worden, dass sie nun länger Ruhe hätten. Das sei leider nicht der Fall gewesen.

Im August 2023 hat sich die Gemeinde mit einer Petition beim Kanton Bern gegen die Umnutzung des Hotels Alpenblick in Wolfisberg gewehrt. Dies jedoch ohne Erfolg.

Quelle: TeleBärn

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veröffentlicht: 13. August 2024 16:28
aktualisiert: 13. August 2024 16:28
Quelle: 32Today

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32today@chmedia.ch