Hohes Defizit

Langenthal hat an der Börse vier Millionen Franken verloren

26.04.2023, 13:57 Uhr
· Online seit 26.04.2023, 12:54 Uhr
Das letzte Jahr war in finanzieller Hinsicht schwierig für Langenthal. Wegen des turbulenten Börsenjahrs 2022 machte die Stadt mehrere Millionen Verlust. Auch rüstet man sich in Langenthal für die Abstimmung im Juni zum Budget 2023.
Anzeige

Im letzten Jahr machte Langenthal ein Minus von 5.1 Millionen Franken. Der grösste Teil davon entstand wegen der Turbulenzen an der Börse. Der russische Angriffskrieg und die Leitzinssteigerungen der Zentralbanken haben die Aktienwerte einbrechen lassen. «2022 war wirklich ein schlechtes Börsenjahr, wäre es nicht so schlecht gewesen, hätten wir praktisch ein Nullsummenspiel gemacht», erklärt Stadtpräsident Reto Müller. Die Gemeinde machte auf ihren Anlagen an der Börse 12 Prozent Verlust, was 4.2 Millionen Franken entspricht.

Fehler habe Langenthal nicht begangen, die Gemeinde sei abhängig gewesen von nicht beeinflussbaren Faktoren. «Dafür sind die Werte im 2023 bereits wieder um 600'000 Franken gestiegen», fügt Müller an.

Die Stadt Langenthal hatte im letztjährigen Budget schon ein Minus von 5.4 Millionen Franken veranschlagt. Nun gab es tiefere Personalausgaben, die Auswirkungen der Corona-Pandemie schwächten sich wider Erwarten ab und es gab einmalig Mehreinnahmen bei den Steuererträgen in Millionenhöhe. «Es zeigt sich, dass die Langenthaler Firmen besser durch die Pandemie gekommen sind als wir angenommen haben», erklärt Gemeinderat Roberto Di Nino vom Ressort Finanzen. Der Kanton Bern hatte wegen der Pandemie ausserdem erwartet, dass es Mehrausgaben für die Gemeinden in der Sozialhilfe geben würde. Doch überraschenderweise sei die Bevölkerung weniger auf Sozialhilfe angewiesen gewesen.

Langenthal rüstet sich für Abstimmung zum Budget

Im Januar hatte das Volk das Budget 2023 abgelehnt und gezeigt, dass es keine Steuererhöhung wünscht. Deshalb gibt es am 18. Juni nun eine erneute Abstimmung, dieses Mal mit zwei Varianten. Damit will die Stadt die Chancen erhöhen, dass eine der beiden Varianten durchkommt:

Wäre das Börsenjahr 2022 besser ausgefallen, hätte Langenthal womöglich kein Minus geschrieben. Auch hat die Stadt weiterhin einen hohen Bilanzüberschuss von über 71 Millionen Franken.

Es könnte der Eindruck entstehen, dass eine Steuererhöhung gar nicht notwendig ist. Di Nino pflichtet bei, dass die Variante ohne Steuererhöhung wegen des immer noch dicken Polsters vertretbar wäre, aber: «Das ist eine kurzsichtige Sichtweise. Damit löst man die Probleme nicht, sie werden nur aufgeschoben.» Man habe letztes Jahr das Glück gehabt, dass es unerwartete Mehreinnahmen gegeben habe. Darauf könne man sich nicht jedes Jahr verlassen. «Ohne Steuererhöhung würde die Gemeinde jedes Jahr Defizite einfahren. So würde das Eigenkapital aufgezehrt, und wir verlieren unseren Handlungsspielraum. Wir als Gemeinderat denken nicht kurzfristig, sondern mittelfristig, deshalb unterstützen wir Variante A mit der Steuererhöhung.»

Würde man ohne Steuererhöhung weiterfahren, könnte die Gemeinde unter Druck geraten. «Und dann müssten wir in einer Hauruck-Übung die Steuern noch mehr erhöhen als jetzt.» Fakt ist zudem, dass Langenthal zu den steuergünstigsten Gemeinden im Kanton Bern gehört.

Doch wie realistisch ist ein Ja aus der Bevölkerung für die Steuererhöhung? «Wir sind uns der Stimmung bewusst. Es wird sicher anspruchsvoll, aber wir wollen dadurch auch die Diskussion anregen.» Etwas bereut die Gemeinde, dass sie über das Budget nicht erst im März abgestimmt hat. Damals hätte man vom gleichzeitigen Urnengang zu den Umfahrungsstrassen profitieren können und mehr Leute an die Urne gelockt. Im Januar gingen rund 28 Prozent der Bevölkerung abstimmen, im März waren es in Langenthal über 40 Prozent.

Keine Gipfeli für die Medienschaffenden

Die Folgen des budgetlosen Zustands sind auch in einem Randbereich spürbar: Bei der Medienorientierung gibt es nur Wasser und keinen Kaffee und kein Gipfeli, denn die Gemeinde darf im Moment nur Ausgaben tätigen, die nötig sind. Deshalb konnte sie auch noch kein Geld den Vereinen sprechen. Das stellt die Gemeinde vor Herausforderungen:

Der Gemeinde sind aber die Hände gebunden, so Di Nino: «Wir sind im budgetlosen Zustand, von daher würde ich den Vereinen empfehlen zu warten, bis wir ein Budget haben.»

Das droht bei einem «Nein» im Juni

Würde die Bevölkerung sich noch einmal gegen das Budget aussprechen, so würde der Regierungsrat des Kantons Bern einschreiten und das Budget festlegen. Auch den Steuerfuss würde der Kanton bestimmen, Langenthal müsste sich fügen.

veröffentlicht: 26. April 2023 12:54
aktualisiert: 26. April 2023 13:57
Quelle: 32Today

Anzeige
Anzeige
32today@chmedia.ch