Neues Buch

«Papitag ist ganz furchtbar»: Pedro Lenz beschreibt sprachliche Marotten

25.09.2023, 07:36 Uhr
· Online seit 25.09.2023, 06:07 Uhr
«Isch das aues?» – so heisst das neue Buch des Autors Pedro Lenz aus Olten. Darin beschreibt er sprachliche Moden und Marotten aus dem Alltag. Diese begegnen ihm überall: auf dem Kinderspielplatz, im Quartierladen oder bei der Sportreportage im Fernsehen.
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Pedro Lenz kommt aus Langenthal. Seit ein paar Jahren lebt der Autor mit seiner Familie in Olten. Seine Bücher und Texte schreibt er meistens in Mundart. Der Roman «Der Goalie bin ig» gehört zu den erfolgreichsten Mundartveröffentlichungen in der Schweiz überhaupt. Die Geschichte wurde in verschiedene Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt.

«Isch das aues?»

Beim Einkaufen gebe es viele sprachliche Floskeln, sagt Pedro Lenz. «Isch das aues?» zum Beispiel bedeute ja eigentlich «Darf es sonst noch etwas sein?» oder «Brauchen sie noch etwas?». In den Verkaufsläden werde halt aber vieles abgekürzt – und man verstehe sich trotzdem. Wenn die Verkäuferin einfach «Säckli welle?» oder «Cumulus?» fragt, dann wissen wir als Kunden auch ohne grosse Erklärung, worum es geht.

Um genau solche sprachliche Spezialitäten und Formulierungen geht es im neuen Buch von Pedro Lenz. Es ist eine Sammlung von Kolumnen, welche in den letzten Jahren in den Zeitungen von CH Media unter dem Titel «Sprachliche Moden und Marotten» veröffentlicht wurden. In den ausgewählten Texten geht es dabei nicht nur ums Einkaufen.

«Papitag ist ganz furchtbar»

«Ich finde das Wort ‹Papitag› zum Beispiel ganz furchtbar. Da geht man davon aus, dass dann nur der Papi schaut und sonst niemand», sagt Pedro Lenz. Er habe ein Papi-Leben, so der Vater von drei Kindern, der sich in seinem neuen Buch auch mit der Sprache der Sportreporter in Radio und Fernsehen auseinandersetzt. «Da höre ich immer wieder ‹Was für eine Flanke› oder ‹Was für ein Tor›. Dann denke ich jeweils: Sag mir doch, was für eine Flanke oder was für ein Tor das war. War es schön oder unerwartet oder glücklich? Das ‹Was für ein...› ist richtiggehend zu einem Modeausdruck geworden.»

Ein anderes trendiges Wort, welches Pedro Lenz in seinem Buch bespricht, ist «vou» (voll). Dies werde vor allem von jungen Leuten immer wieder in den unterschiedlichsten Situationen gebraucht. «Wenn ich zum Beispiel jemandem sage, dass ich in der vergangenen Woche täglich 10'000 Schritte gemacht habe, dann antwortet dieser einfach mit ‹vou?›. Man könnte ja auch ‹Isch wohr?› oder ‹Jä würklich?› sagen».

«Das ist kein Mundartbuch»

Es geht im neuen Buch von Perdo Lenz also um Ausdrücke und Redensarten in unserer Umgangssprache, in unserer Mundart. Das Buch hat mit «Isch das aues?» auch einen Mundarttitel, geschrieben ist es aber in Hochdeutsch. Darauf weist auch ein Hinweis auf dem Cover hin: «Das ist kein Mundartbuch» steht da. Das sei einerseits ein kleiner Scherz des Verlages, anderseits habe es aber auch einen ernsten Hintergrund, sagt der Autor. «So ruft mich niemand zu Hause an und sagt mir: ‹Ich habe dein Buch gekauft und das ist ja furchtbar: das ist ja gar nicht Mundart›.»

Es gebe halt einfach Leute, die wollten nur Mundarttexte von ihm. Er möchte sich aber alle Möglichkeiten offenhalten und in verschiedenen Sprachen schreiben dürfen. Deshalb habe er es auch nicht so gerne, wenn man ihn als Mundartautor bezeichne. «Man kann mir doch einfach auch Autor Pedro Lenz sagen».

«Bei Kritik bin ich durchgedreht»

Ausgewählt habe er die Kolumnen für das Buch zusammen mit dem Verleger. Dieser habe aber das letzte Wort, da er ja die Verantwortung für das Buch trage. «Wenn er sagt: Diese Kolumne gefällt mir überhaupt nicht, dann muss ich das akzeptieren». In solchen Fällen müsse er seine Eitelkeit dann ein wenig vergessen, sagt Pedro Lenz. «Ich war früher viel eitler. Da bin ich nicht selten durchgedreht, wenn jemand schlecht über ein Buch von mir geschrieben hat oder einen Text kritisiert hat in der Öffentlichkeit.

Heute bin ich viel grosszügiger. Vielleicht hat die Person ja recht – oder ich kann etwas lernen von diesem Feedback. Das musste ich aber lernen, das gebe ich zu», sagt Lenz.

Lebendige Mundart

Die Schweizer Mundart sei sehr lebendig, sagt Pedro Lenz. «Sie integriert und adoptiert viele Trends und Ausdrücke aus Deutschland oder aus dem englischsprechenden Raum und macht sich diese zu eigen.». Ein banales Beispiel sei das Wort «Snowboard», erklärt Lenz. Es käme niemandem in den Sinn, Schneebrett zu sagen. Snowboard sei schon lange ein berndeutsches Wort und es gäbe auch das Verb «snöben». Das verstehe jeder.

«Das ist eine ähnliche Entwicklung wie vor 100 oder 200 Jahren, als sich französische Ausdrücke wie Merci, Adieu oder Trottoir in unserem Sprachgebrauch festgesetzt haben.» Dies, zusammen mit der Kreativität und der Offenheit der jungen Generation sorge dafür, dass sich die Mundart immer wieder verändere und weiter entwickle. «Sie wird aber immer eine Mundart bleiben und nie eine offizielle Sprache werden. Dann müssten Regeln definiert werden, wie man diese Mundart schreibt. Und das würde nur schon zwischen einem Solothurner und einem Langenthaler zu  stundenlangen Diskussionen führen.»

Akkusativ!

Der Verlag preist das neue Buch «Isch das aues?» von Pedro Lenz als «vergnüglichen Sprachkurs» an. Das tönt ein bisschen belehrend – und es gebe durchaus Momente, in denen er ein bisschen belehrend werde, sagt der Autor. Manchmal schäme er sich fast ein bisschen dafür. «Ich war einmal mit dem Bus in Luzern unterwegs und habe mich da ziemlich über den Busfahrer aufgeregt, weil der fortwährend geredet hat. Am Schluss sagte er dann durchs Mikrofon ‹Ich wünsche ein schöner Tag›. Da musste ich einfach ‹Akkusativ!› nach vorne rufen. Meine Begleitung hat mir darauf gesagt: Du musst den Busfahrer doch nicht belehren, nur weil du Pedro Lenz bist.» Es habe ihm auch sofort leid getan, sagt der Autor weiter. Es sei ihm einfach so rausgerutscht.

Er wolle ja eigentlich nichts Belehrendes, sondern viel lieber etwas Beschreibendes, sagt Pedro Lenz. Er ist in den nächsten Wochen fleissig unterwegs in der ganzen Schweiz. Er hat verschiedene Live-Projekte, bei denen er Texte aus seinen Werken vorliest oder mit Musikern zusammenarbeitet. Alle Daten findet man auf der Homepage von Pedro Lenz.

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veröffentlicht: 25. September 2023 06:07
aktualisiert: 25. September 2023 07:36
Quelle: 32Today

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