Trotz Lärm und Kot

Für ein besseres Miteinander von Krähe und Mensch

17.04.2023, 12:00 Uhr
· Online seit 17.04.2023, 11:50 Uhr
Saatkrähen sind für die meisten Leute keine Sympathieträger, vor allem, wenn sie ihre Nester an so prominenten Plätzen wie dem Solothurner Kreuzackerplatz bauen. Der Kanton und die Stadt Solothurn werben nun um Verständnis für das schlaue Federvieh.
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Wer an lauen Frühlingsabenden die Solothurner Hafebar frequentiert, muss sich vorsehen. In den grossen Platanen am Kreuzackerplatz hat sich in den letzten Jahren eine riesige Kolonie von Saatkrähen breit gemacht. Die Tiere bauen eifrig (und geräuschvoll) an ihren Nestern, brüten ihren Nachwuchs aus, und was herunterfällt, kann auf Tischen, Bänken oder im dümmsten Fall auf Kleidern, Köpfen oder in Getränken landen. Wenn man Glück hat, fallen nur Ästchen und Zweige herunter, wenn man Pech hat, ist es besch... Material.

Kein Wunder, ist das Image der Saatkrähe nicht das beste. Die Krähen gelten bei vielen Leuten als Plagegeister, vor allem in der Brutzeit von März bis Juni. Im Sommer nimmt die Belastung in der Stadt ab, dann tummeln sich die Vögel auf Futtersuche im Landwirtschaftsgebiet. Dort sind es dann die Bäuerinnen und Bauern, die sich mit den Tieren herumschlagen müssen.

Die Stadt, der Kanton und das Naturmuseum Solothurn haben nun eine Kampagne gestartet, um mehr Verständnis zwischen Mensch und Federvieh zu schaffen. Zum Beispiel seien die Tiere extrem intelligent, zeigten akrobatische Flugspiele und ein vielfältiges Sozialverhalten, steht in der Medienmitteilung des Kanton. Auf Schautafeln im Kreuzackerpark wird den Leuten die Lebensweise der Saatkrähe nähergebracht, im Naturmuseum oder via Broschüre kann man sich vertieft mit den Tieren vertraut machen. Oder hätten sie gewusst, dass Saatkrähen zu den Singvögeln gehören?

Um die Krähenbevölkerung in der Stadt in Grenzen zu halten, war man schon bisher nicht untätig. So wurden auf den Nistbäumen Astgabeln herausgeschnitten, um die Zahl von Nistplätzen zu reduzieren. Aber die Vögel sind schlaue Kerlchen und nisten auch auf wenig gemütlichen Plätzchen hoch in den Bäumen.

Um ein Ausbreiten in die Quartiere zu bremsen, hat die Stadt Solothurn deshalb in diesem Frühling künstliche Uhus auf mehreren Bäumen installiert. Dieser Uhu, ein natürlicher Feind der Krähen, muss dann manuell mit einem Seil vom Boden aus bewegt werden, damit seine künstlichen Flügel in Bewegung kommen und die Krähen vertreibt.

Wird der Uhu zu wenig bewegt, gewöhnen sich die Krähen an ihn und bauen ihr Nest trotzdem - sie sind eben nicht auf den Kopf gefallen.

Um die Krähenpopulation in den Städten zu begrenzen, sei es ganz wichtig, die Tiere nicht zu füttern. Es sei generell keine gute Idee, Wildtiere zu füttern, sagt Mark Struch. Saatkrähen waren bis vor wenigen Jahren streng geschützt, in der Zwischenzeit beschränkt sich der Schutz auf die Brutzeit im Frühling.

Ob sich die Leute an der Hafebar, während sie die Krähen-Hinterlassenschaft von ihren Kleidern klauben, mit ihrem neu erworbenen Wissen über die Urheber trösten können? Das würde ein fast schon übermenschliches Mass an Gelassenheit verlangen.

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veröffentlicht: 17. April 2023 11:50
aktualisiert: 17. April 2023 12:00
Quelle: 32Today

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