Today: Wie glücklich bist du gerade Chris?
Wenn ein Baby wie dieses Buch endlich veröffentlicht ist und die ersten positiven Feedbacks kommen, dann muss man doch glücklich sein. Es ist ein schönes Gefühl, das Werk nun nach so langer Zeit veröffentlicht zu haben. Ich habe sicher 2000 Stunden daran gearbeitet.
Was war denn der bisher glücklichste Moment in deinem Leben?
Die meisten würden jetzt sicher sagen, das sei die Geburt des eigenen Kindes gewesen – und das war auch für mich unbestritten ein Megahighlight. Aber auch, als ich vor ungefähr drei Jahren gemerkt habe, dass ich die Partnerin fürs Leben gefunden habe. Und natürlich auch der Auftritt mit Krokus am Jubiläumsfest auf der Treppe der St.Ursen-Kathedrale in der Altstadt von Solothurn. Die Stadtpräsidentin und ein Bundesrat waren im Publikum und viele Fans, die uns vorher nicht gekannt hatten. So etwas zu erleben, war gewaltig. Ich beschreibe das auch in meinem neuen Buch im ersten Kapitel «Meine kleine Stadt».
Was bedeutet Glück für dich?
In erster Linie, dass ich nicht mehr zu viel überlege. Man hat ja herausgefunden, dass einem Menschen zwischen 20'000 und 30'000 Gedanken durch den Kopf gehen pro Tag. Das ist eine Gedanken-Monster-Maschine, die da am Laufen ist. Vor allem ist Glück für mich aber auch, wenn ich am Morgen aufstehen kann und es tut mir nichts weh und ich weiss, dass ich den ganzen Tag nur das machen kann, was ich will. Das ist ein grosses Privileg und Glück.
Wie kam es zu diesem Buch über Glück und das Leben?
In den letzten drei turbulenten Jahren mit Corona, Klimaveränderungen und Krieg musste auch ich extrem aufpassen, dass ich nicht in eine Negativ-Spirale gerate. Deshalb habe ich eines Tages angefangen eine Freuden-Liste zu führen. Ich habe mich gefragt, über was ich mich freue im Leben. Auf dieser Liste standen Punkte wie Musik, Brot, Natur, Liebe und viel anderes mehr.
Wenn man sich umschaut, sieht man viele besorgte Gesichter, obschon wir hier in der Schweiz noch eine Insel sind. Uns geht es noch verhältnismässig gut. Wenn man aber die Weltgeschichte studiert, dann muss man sagen «Hebet d Hüet». Die ganze Situation ist bedrohlich. Ich wollte mit diesem Buch einen Kontrapunkt setzen und eine Lobeshymne schreiben auf das, was wir haben hier in der Schweiz.
Dein neues Buch ist also ein Glücksratgeber?
Nein, das denke ich nicht. Ich feiere einfach das ab, was ich erlebe. Und vielleicht geht das anderen Leuten ja ähnlich. Sie freuen sich auch wie ich über einen Herbstspaziergang im farbigen Laub, über einen Song der Rolling Stones oder über ein feines Risotto, welches die Liebste gekocht hat. Es sind tatsächlich häufig die kleinen Dinge, die man wieder mehr wahrnehmen und feiern muss. Genau das versuche und lebe ich jeden Tag. Meine Partnerin kann dir das sicher bestätigen. Ich juble mehrmals pro Tag über Sachen, die ich einfach schön und geil finde.
Nach «Me Dräck» heisst es nun also «Meh Glück». Wird Chris von Rohr langsam altersmilde?
Da muss ich sagen: Leider nicht (lacht). «Meh Dräck» steht einerseits in der Musik für nicht zu viel schöngebürsteten synthetischen Sound und anderseits im Leben für ehrlichen offenen Klartext. Dazu stehe ich nach wie vor. Ich bin aber sicher nicht mehr der gleiche Rebell wie früher. Ich legen den Fokus heute mehr auf das Schöne und auf das, was mich auch persönlich aufbaut.
Chris von Rohr in der Sendung Sommertalk mit seiner grossen Liebe Patricia Linder:
Quelle: SommerTalk
Darf man in der heutigen Zeit überhaupt noch mit gutem Gewissen glücklich sein?
Das MUSS man. Durch die ganze mediale Berichterstattung haben plötzlich Menschen angefangen, andere Menschen zu hassen, obschon sie diese gar nicht kennen. Oder es sprechen Menschen über Kriege, von denen sie keine Ahnung haben. Es hilft aber hier in der Schweiz niemandem, wenn wir mit griesgrämiger Mine und «Blockflöten-Gesichtern» durch die Welt laufen. Wir müssen uns gegenseitig aufstellen und einander glücklich machen. Dann können wir auch da und dort helfen und andere unterstützen. Angst zu haben vor dem Glücklichsein ist der komplett falsche Weg.
Wie wichtig ist ein gut gefülltes Portemonnaie um glücklich zu sein?
Ich glaube, es ist sicher beruhigend, wenn Du am Morgen aufstehst und du dir keine Gedanken machen musst, wie du dich und deine Familie durchbringen sollst. Es gibt ganz viele Leute, die nur extrem knapp durchkommen. Das ist heavy. Es ist sicher einfacher, glücklich zu sein, wenn man weiss, dass die materiellen Probleme gelöst sind. Wie man das aber erreicht, ist wieder eine andere Geschichte. Ich habe darüber im Buch im Kapitel «Erfolg» geschrieben. Das muss nämlich auch gelernt werden.
Warum tun wir uns Schweizer so schwer damit, glücklich zu sein?
Das ist schon verrückt. Es ist aber schwierig, eine Antwort zu finden. Es hat aber sicher auch geographische Gründe. Die Leute sind im Sommer ja vielfach besser drauf. Vielen Menschen schlägt die graue, kalte und nasse Zeit von Herbst bis Frühling aufs Gemüt. Das kann ich auch irgendwie verstehen. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass es uns – ich sage das ungern – manchmal auch einfach zu gut geht. Wenn du in andere Länder gehst und siehst, was da für eine Misere herrscht, dann haben wir hier schon «Trouble in Paradise». Wir haben es so gut hier in diesem Land, so viel funktioniert hier noch gut.
Macht Musik glücklich?
Musik war von Anfang an mein Seelentherapeut. Auch heute noch macht es mich am glücklisten und am ruhigsten, wenn ich ans Klavier sitzen oder die Gitarre in die Hand nehmen kann. Das ist Seelenbalsam und diese Liebe ging nie weg. Ich bin extrem happy, dass wir im nächsten Jahr 50 Jahre Krokus feiern können. Das ist eigentlich unglaublich.
Was braucht ein Song, damit er dich glücklich macht?
Eine gute Melodie ist das wichtigste. Die Leute singen keine Gitarrensolos, sie wollen gute, eingängige Melodien hören und mitsingen. Uns ist das bei Krokus mit «Bedside Radio» oder bei Gotthard mit «Heaven» sicher ganz gut gelungen. Wenn dir so eine Melodie einfällt, dann weisst du: That's it. Das wird ein Hit.
In Deinem Buch gibt es zwei Listen mit «Musik für die Ewigkeit»: 100 Songs und 12 Alben – was hat es damit auf sich?
Es ist eine subjektive Auswahl von Musik, die mir gefällt und die mich glücklich macht. Viel davon stammt aus den 60er- und 70er-Jahren, weil da meiner Meinung nach schlicht die besten Songs geschrieben wurden. Das sage ich als Songschreiber. Die Listen aus dem Buch gibt es übrigens auch als Spotify-Playlisten zum Hören.
Du lebst als erfolgreicher Musiker und Produzent deinen Traum – ein Privileg?
Das kann man im Nachhinein sicher so sagen. Es steckt aber natürlich auch viel Arbeit drin. Es gab vor langer Zeit einen Moment, in dem Fernando Von Arb und ich alles auf eine Karte setzen mussten. Alle anderen hatten sichere Jobs. Wir aber haben trotz schlechten Erfolgsaussichten gesagt: Wir ziehen es durch. Danach haben wir jahrelang im Trüben gefischt, bevor wir dann eines Tages belohnt wurden. Weisst du was? Wir haben das fucking verdient.
Du bist auf dem Papier 72 Jahre alt – und im Kopf?
Erwachsene tun sich sehr schwer damit, im Jetzt zu leben und den Moment zu geniessen. Genau das versuche ich aber täglich und das könnte dir meine Freundin, die halb so alt ist wie ich, sicher bestätigen. Wenn ich so ein alter «Grummelbär» wäre, der nur noch rumjammert, dann würde sie mich wohl schnell unter die kalte Dusche schicken. Natürlich vergesse ich auch mal Namen. Das gibt es halt ab einem gewissen Alter.
Trotzdem: Beschäftigst du dich mit dem Tod? Hast du Angst vor dem Ende?
Ich habe eher Angst vor einer Wiedergeburt. Das müsste also nicht noch einmal sein (lacht). Der Tod gehört einfach zum Leben und deshalb ist es umso wichtiger, dass man jeden Tag möglichst intensiv lebt. Das Leben kann schon morgen vorbei sein. Niemand ist gefeit vor Unfall oder irgendwelchen Krankheiten. Das ist im Preis inbegriffen. Angst habe ich höchstens vor Schmerzen, aber da gibt es heute ja gute Medikamente. Ich denke aber, dass es bei mir noch eine Zeitlang geht. Ich bin mit Udo Lindenberg im Club der 100-Jährigen. Wie versuchen beide, dieses Ziel zu erreichen.
«Meh Glück» heisst dein neues Buch. Wie sind die ersten Reaktionen darauf?
Sie sind eigentlich durchwegs positiv und das freut mich extrem. Schreiben ist so viel mühsamer und anstrengender als Musik machen, viel Kopfarbeit. Deshalb möchte ich das gute Gefühl nach der langen Entstehungszeit nun geniessen. Ich gehe im Januar mit anderen Autoren und Autorinnen auf eine Lesetour, auf welcher wir auch nach Solothurn und Langenthal kommen.
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