Quelle: 32Today / Michelle Schwizer / Martin Ackle / Jael Fischer
Kostüme in allen Farben, Masken in verschiedensten Formen, Chesslerhemmli oder Perücken: Im «Fasnachts-Lade» in Solothurn finden Narren und Närrinnen alles, was das Herz begehrt. Seit 20 Jahren bietet Brige Wehrli mit ihrer Tochter ein grosses Sortiment an Fasnachtsartikeln an. Das Verkaufslokal immer wieder an einem anderen Ort – je nachdem wo es gerade Platz hatte. So war der «Fasnachts-Lade» schon im «Klunker», in der Landi, im Hutladen oder in den letzten beiden Jahren in der Jugendherberge.
Nach 20 Jahren ist Schluss
In diesem Jahr findet man den «Fasnachts-Lade» an der Hauptgasse 4 – und an diesem Ort wird Brige Wehrli ihre Karriere als «Fasnachts-Lade»-Besitzerin beenden. Am Fasnachtsmontag ist Schluss. Dann schliesst sie die Türen ihres Ladens endgültig. «Wir sagen schon zehn Jahre, dass wir aufhören», sagt Brige Wehrli. Nun sei aber die Zeit gekommen. Ihre Tochter arbeite viel in der Schule und sie müsse nun altershalber einfach aufhören, sagt die 75-Jährige. «Man muss aufhören, wenn es am besten geht.» Deshalb sei genau jetzt der richtige Zeitpunkt, denn seit kurzem sei klar, dass es mit dem «Fasnachts-Lade» weitergeht.
Die Steiner Schule übernimmt
Den «Fasnachts-Lade» wird es auch im nächsten Jahr wieder geben. Übernehmen wird die Steiner Schule Solothurn. «Sie machen das als Schulprojekt an vier Wochenenden vor der Fasnacht», sagt Brige Wehrli. «Wir werden ihnen ein paar Tipps geben und sie unterstützen», sagt sie weiter. Der Laden wird dann voraussichtlich im Schulhaus der Steiner Schule in der Weststadt sein. «Vielleicht finden sie noch ein günstiges Lokal in der Altstadt, wo sie eine Filiale machen können.»
«Solothurn ohne ‹Fasnachts-Lade› geht gar nicht»
Ihr selber sei es sehr wichtig, dass ihr Projekt weiter besteht. «Wir haben in den vier Wochen, in denen wir offen haben, so viele Komplimente bekommen. Solothurn ohne «Fasnachts-Lade», das geht gar nicht.» Deshalb hofft Brige Wehrli, dass die Steiner Schule den Laden auch in den kommenden Jahren weiter führen wird. «Die werden dann schon merken, dass sie es weiter machen wollen.»
Vorhänge und Leintücher der Nachbarschaft vernäht
Die meisten Kostüme in ihrem Laden hat Brige Wehrli selber genäht. Deshalb begegnet sie an der Solothurner Fasnacht immer wieder ihren eigenen Werken aus vergangen Zeiten. Sie habe jeweils unmittelbar nach der Fasnacht wieder mit dem Nähen begonnen, sagt sie. «Ich habe alle Vorhänge und alle Leintücher meiner Nachbarn vernäht. Es gibt fast keine mehr. Wer noch Leintücher hat, soll sich unbedingt bei der Steiner Schule melden», sagt Wehrli.
Klerikale Kundschaft
In ihrem Laden begrüsste sie immer wieder lokale Prominenz. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr der Besuch des Solothurner Stadtpfarrers. Dieser brauchte ein Kostüm für eine Predigt in der St. Ursen-Kathedrale. «Da musste ich ihm einen Mantel und ein Chäppli nähen. Er hat dann noch rote Hosen dazu gekauft. Am Montag war er damit Thema auf der Titelseite der Solothurner Zeitung mit der Schlagzeile ‹Pfarrer kauft Kleider im Fasnachtsladen›».
Online-Shops sind keine Konkurrenz
20 Jahre «Fasnachts-Lade» Solothurn – das ist eine richtige Erfolgsgeschichte. «Wir haben jedes Jahr mehr Kundschaft», sagt Brige Wehrli. «Wir könnten ein Warenhaus füllen und viel mehr Ware brauchen. Auch in diesem Jahr sind wir wieder praktisch ausverkauft.»
Von der Konkurrenz der Online-Fasnachts-Shops merkt Wehrli nicht viel. Oft kämen Online-Bestellungen zu spät bei den Kunden an und die kämen dann auf den letzten Drücker in den «Fasnachts-Lade», sagt sie. «Dazu merken die Leute einfach schnell, dass die selber genähten Kostüme aus meinem Laden eine ganz andere Qualität haben. Die Ware aus dem Internet ist fast alles billiges Zeugs aus Plastiktüchern. Wir haben halt immer noch schöne, alte Stoffe, die man auch waschen kann.»
«Solothurner Fasnacht ist speziell»
Viele Kunden kommen jedes Jahr wieder in den «Fasnachts-Lade» und sie kennen Brige Wehrli persönlich. Sie gehört zur Solothurner Fasnacht – auch wenn sie selber nicht in der Stadt wohnt, sondern im 50 Kilometer entfernten Erlinsbach im Kanton Aargau. Das närrische Virus trägt sie aber auch mit 75 Jahren immer noch tief in sich. Die Fasnacht in Solothurn sei sehr speziell, sagt sie. «Hier wird kreativ improvisiert. Die Solothurnerinnen und Solothurner suchen nach alten Unterhosen oder gestrickten Socken und können alles zu tollen Kostümen kombinieren.»
Nun gibts Fitness und Radio
Dass sie nun mit dem Fasnachtsladen aufhören müsse, sei kein Problem, sagt Brige Wehrli. Sie möchte sich einfach bei allen bedanken, die sie in den vergangenen 20 Jahren unterstützt haben. Langweilig werde es ihr in Zukunft sicher nicht. «Ich werde mein Atelier aufräumen. Irgendwo zwischen den vielen alten Stoffen, Knöpfen und Reissverschlüssen liegt noch ein Fitnessgerät. Dieses werde ich dann wieder in Betrieb nehmen, darauf trainieren und da Radio 32 hören.»
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