«Über weniger Trinkgeld können wir uns aktuell nicht beklagen», sagt Flavia Stutz-Pieren, Betriebsleiterin im Restaurant Bären in Langenthal. «Rund 80% unserer Besucherinnen und Besucher zahlen mittlerweile kontaktlos.»
Ins selbe Rohr bläst Argim Asani vom Parktheater in Grenchen. Auch dort werde inzwischen in acht von zehn Fällen kontaktlos bezahlt, meistens mit Karte. Er stelle fest, dass dadurch eher mehr Trinkgeld gegeben werde als früher; zuvor seien teilweise Kleinstbeträge wie etwa ein Zwanzigrappenstück auf den Tisch gelegt worden.
Keine Nachteile durch kontaktloses Zahlen
Nachteile für die Serviceangestellten habe das kontaktlose Zahlen nicht: «Wenn jemand auf diese Weise zahlt, können unsere Mitarbeitenden den exakten Trinkgeldbetrag vom Umsatz abrechnen», sagt Asani.
Im Bären Langenthal läuft das etwas anders, erklärt Flavia Stutz-Pieren: «Bei uns muss das Servicepersonal einfach bei Dienstende weniger Bargeld abgeben.» Ein Anteil des Trinkgelds gehe dann noch an das Küchenpersonal. Das Trinkgeld lande aber immer und in jedem Fall zu 100% in den Taschen der Mitarbeitenden
Weniger Bargeld - gleiches Kundenverhalten
Grundsätzlich betonen beide, dass sich das langsame Verschwinden des Bargelds nicht weiter auf den Betrieb auswirke. Auch nicht darauf, ob und wie viel Trinkgeld gegeben wird. Dieses System beruhe ohnehin auf der Solidaritätsbereitschaft aller Beteiligten. Schliesslich gebe es keine «Trinkgeld-Pflicht». Trotzdem sei es eine «Wertschätzung der erbrachten Leistung», merkt Stutz-Pieren an.
Das sagt auch Urs Schindler, Präsident des Verbands Gastro Solothurn: «Das Trinkgeld ist der Obolus für unsere Angestellten und eine Wertschätzung für deren harte Arbeit. Deshalb spielt es auch eine derart grosse Rolle in der Gastronomie. Ob es nun bar oder kontaktlos bezahlt wird, ist einerlei.»
Vorgaben oder Empfehlungen, wie die Betriebe das Trinkgeld handhaben sollen, gebe es nicht. Wichtig sei, dass das Geld bei den Mitarbeitenden ankomme. Dass in 80% der Fälle inzwischen kontaktlos gezahlt werde, dürfe nicht als Vorwand missbraucht werden, um Trinkgeld dem Personal vorzuenthalten. Schindler ist sich aber sicher: «Die Betriebe in unserer Region arbeiten da vorbildlich, weil sie wissen, dass es ein Qualitätsmerkmal ist, wenn man seine Angestellten fair behandelt. Das gilt auch für die Verteilung des Trinkgelds.»
Trinkgeld geht da hin, wo es hingehört
Fazit: Das langsame Verschwinden des Bargelds wirkt sich nicht negativ auf die Grosszügigkeit der Gäste in Sachen Trinkgeld aus. Im Gegenteil, die Erfahrung zeigt, dass für die Angestellten sogar mehr herausspringt als früher. Und in der Schweiz darf man davon ausgehen, dass auch der letzte Rappen Trinkgeld dort ankommt, wo er hingehört: Beim Gastro-Personal.
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