«Ich finde es schlimm, dass ein Schweizer Gastroriese das Eiertütschen, das einmal pro Jahr für eine Stunde stattfindet, mit einem Polizeieinsatz beenden will. Da hat man wenig Fingerspitzengefühl gezeigt und das ist beschämend!!!», kommentiert ein Leser den Artikel zum Polizeieinsatz beim Kornhaus in Bern am Ostersonntag. Dort findet seit über hundert Jahren jährlich das «Eiertütsche» statt, bei dem zahlreiche Bernerinnen und Berner gegeneinander «tütschen», um das stärkste Ei zu finden.
Das «Eiertütsche» dauert von 10 Uhr bis 12 Uhr. Um 10.15 Uhr wollte der Betreiber des Restaurants Più allerdings seine Tische draussen aufstellen, damit um 11 Uhr geöffnet werden kann. Deshalb rief er die Polizei, welche die Leute bat, sich zu verschieben. Thomas Ernst, Mediensprecher der Kantonspolizei Bern, sagt, manche Leute hätten mit Unverständnis reagiert, andere seien gelassen gewesen. Es hätten sich allerdings alle friedlich unter der Laube wegbewegt, um Platz für die Tische zu machen.
Leserinnen und Leser sind empört
Das Verhalten des Betreibers kam gar nicht gut an. Das Più hat vor knapp zwei Jahren im Kornhaus eröffnet, und auch schon vergangenes Jahr hatte der damalige Besitzer ein Problem mit dem «Eiertütsche».
«Bünzlibeizer – sött ma nüm ichere dört», schreibt ein User als Kommentar unter dem Facebook-Post zum Artikel. Ein anderer sieht in der Aktion eine verpasste Chance: «Drbi chönnt dä a settigne Täg e rächte Batze Gäud verdiene, wenner die Lüt würd dezue bringe, bi ihm öppis zkomsumiere – isch haut nid jede zum Beizer gebore.»
Und unter dem Artikel auf 32Today schreibt eine Leserin: «Sorry, den Anlass kennt man! Ich liebe den Brauch und dieser sollte auch weiterhin möglich sein.»
Das Unternehmen Bindella, zu dem das Più gehört, zeigt Verständnis für den Ärger: «Auch uns sind Traditionen wichtig und wir entschuldigen uns, dass ein anderer Eindruck entstanden ist. Das hätte so nicht passieren dürfen», lautet das schriftliche Statement von Rudi Bindella Junior. «Wir haben das Geschehene ausführlich besprochen und werden geeignete Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die ‹Eiertütschete› in Zukunft ungestört und mit Freude abgehalten werden kann.»
In den Kommentaren wurde auch die Rechtmässigkeit des Polizeieinsatzes diskutiert und es wurde überlegt, ob das «Eiertütsche» auf öffentlichem Grund nicht generell erlaubt sei.
Die Laube ist nicht öffentlich
Das Recht ist hier allerdings auf der Seite des Restaurantbetreibers. Er hat eine Nutzungsbewilligung für die Fläche längsseitig zum Kornhausplatz. «Auf dieser genannten Fläche hat der Betreiber grundsätzlich Anspruch, seine Tische aufzustellen und somit auch zu betreiben», schreibt die Stadt Bern auf Anfrage.
Und auch die Fläche unter der Laube ist nicht öffentlich. Sie gehört den «Immobilien Stadt Bern». Der Restaurantbetreiber mietet auch diese Fläche – und kann daher auch darüber verfügen.
Das «Eiertütsche» wird von niemandem organisiert und ist daher kein von der Stadt bewilligter Anlass. Das könnte sich allerdings ändern. Aufgrund der Diskussionen mit dem Betreiber sagte ein Besucher des «Eiertütsche» am Sonntag gegenüber TeleBärn, er überlege sich, ein Komitee für das «Eiertütsche» zu gründen – damit es in Zukunft bei Diskussionen dieser Art eine Ansprechperson gebe.
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