Schädliches Wahrzeichen

Invasion von Hanfpalmen im Tessin erhöht Waldbrandgefahr

· Online seit 14.03.2023, 10:12 Uhr
Die Hanfpalme breitet sich in den tiefen Lagen der Südschweiz explosionsartig aus. Das erhöht laut einem neuen Bericht die Waldbrandgefahr, schwächt die Schutzfunktion vor Naturgefahren und schadet der Biodiversität.
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Der Bericht der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL im Rahmen des Pilotprogramms «Anpassungen an den Klimawandel» des Bundes hat untersucht, wie der Klimawandel die Verbreitung der Chinesischen Hanfpalme (Trachycarpus fortunei) beeinflusst, schrieb die Forschungsanstalt in einer Mitteilung vom Dienstag.

Den ganzen Winter lang habe die Hanfpalme ihre Photosynthese- und Entwicklungsaktivität fortgesetzt, während die Laubbäume Pause machten. Dank dieses Wettbewerbsvorteils hätten sich die Palmen, die in den letzten fünfzig Jahren in Gärten gepflanzt wurden, stark verbreiten können.

Schlecht für Biodiversität, höhere Waldbrandgefahr

Das Forschungsteam untersuchte die Flora und Fauna an je zehn Waldstandorten mit hoher Palmendichte oder ganz ohne Palmen. Die palmenreichen Standorte enthielten dabei insgesamt deutlich weniger verschiedene Pflanzenarten.

Zudem verstärkte das Wurzelsystem der Hanfpalmen den Boden den Angaben zufolge nur wenig, was die Schutzfunktion der Wälder beeinflusste. Diese falle jedoch in gemischten Wäldern wenig ins Gewicht. An steilen, felsigen Standorten, wo kaum andere Bäume wachsen, könne die Hanfpalme jedoch vor Steinschlag schützen.

Da sich an den Hanfpalmen viele trockene, abgestorbene Blätter ansammeln, erachten die Forscher zudem eine erhöhte Waldbrandgefahr als wahrscheinlich. Wegen der Klimaerwärmung kann die Hanfpalme in Zukunft zudem auch immer höhere Lagen besiedeln.

Tessiner Wahrzeichen

Trotz der negativen Folgen geniessen die asiatischen Invasoren in der Schweizer Bevölkerung laut dem Bericht ein gutes Ansehen. Neben den Untersuchungen in Feld und Labor haben die Forschenden eine schweizweite Umfrage in der Bevölkerung durchgeführt. Mehr als die Hälfte (59 Prozent) der 2000 Teilnehmenden schätzen in ihrer Antwort die Hanfpalme positiv ein und sahen sie gar als Tessiner Wahrzeichen (54 Prozent).

Verkaufs- und Kultivierungsverbote erhielten in der Umfrage nur wenig Zustimmung. Empfehlungen, die die weitere Ausbreitung der Palme einschränken würden, erhielten mehr Zuspruch. Dazu zählten etwa das Entfernen von Blüten und Früchten, die Beseitigung von verwilderten Pflanzen und das Pflanzen von alternativen nicht-invasive Palmenarten.

Neue Bekämpfungsmethode

Die Forschenden betonten im Bericht die Wichtigkeit, die Palmenbestände zu begrenzen, auch wenn es unrealistisch sei, diese vollständig aus den Wäldern zu entfernen. Sie empfahlen, an bestimmten ökologisch wertvollen Standorten, zum Beispiel in Auenwäldern, das lokale Ökosystem wieder komplett palmenfrei zu machen und den Palmenbestand in Schutzwäldern auszudünnen.

Um verwilderte Hanfpalmen zu beseitigen, entwickelte die WSL eine zeit- und kosteneffiziente Methode, und testete diese: Ein bodennaher Schnitt mit der Motorsäge lässt adulte Palmen direkt absterben. Das reicht aber nicht bei jungen Palmen, denn diese treiben aus dem noch im Boden verbleibenden Palmenherzen wieder aus. Um dies zu verhindern, sollte das Herz mit einem Bohrer zerstört werden. Der Kanton Tessin empfiehlt die Methode nun offiziell, und Fachleute wenden sie an. (sda/jaw)

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veröffentlicht: 14. März 2023 10:12
aktualisiert: 14. März 2023 10:12
Quelle: Today-Zentralredaktion

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