Ende des Booms?

So spüren Deutsche fehlende Schweizer Einkaufstouristen

· Online seit 30.03.2023, 07:49 Uhr
Den Schweizerinnen und Schweizern ist die Lust am Einkaufen ennet der Grenze vergangen. Das belegt eine Langzeitstudie der Universität St.Gallen. So geht der Einkauf in den stationären Geschäften seit Jahren zurück. Das bestätigen auch deutsche Einzelhändler an der Grenze.
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In Deutschland steigen die Preise für Lebensmittel rasant an. Teilweise bis zu 20 Prozent muss die Kundschaft für Obst und Gemüse mehr bezahlen. Das verändert auch das Einkaufsverhalten vieler Schweizerinnen und Schweizer. Der Einkaufstourismus geht zurück und dazu geben sie auch weniger Geld aus. Das besagt zumindest eine Langzeitstudie der Universität St.Gallen.

Pro Einkauf liessen sie vor fünf Jahren noch 245.71 Franken liegen, im letzten Jahr waren es noch knapp 216.06 Franken. Im stationären Geschäft hat sich der Einkaufstourismus seit 2017 um mehr als 10 Prozent reduziert, heisst es in der Studie. Was für den Schweizer Einzelhandel einen grossen Vorteil hat, ist für deutsche Händlerinnen und Händler natürlich ein Nachteil.

Die deutsche, grenznahe Einkaufslandschaft leidet unter dem Rückgang

So spürt der Einzelhandel in Weil am Rhein ein recht starkes Nachlassen. «Die Corona-Pandemie hat für einen deutlichen Einbruch im Einkaufstourismus gesorgt. Die Nachwehen spüren wir bis heute», sagt Markus Wiedemann, Inhaber des EP-Media-Centers. «Wir sind immer noch nicht auf dem Niveau wie vor drei Jahren und ich vermute, das dauert auch noch recht lange, bis wir wieder auf dem Level sind.» Dieser Eindruck wird auch vom Detailhandelsexperten Thomas Rudolph vom Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St.Gallen gestützt. «Die Gründe für den Rückgang des Einkaufstourismus sind vielseitig. Zunächst hat die Corona-Pandemie den Einkaufstourismus nach Deutschland stark eingeschränkt», erklärt der Experte gegenüber «blick.ch».

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«Die Schweizer Kundschaft war in den zwei Jahren ans eigene Land gebunden und die Preise wurden sicherlich auch den Bedürfnissen entsprechend nachgebessert», ist sich Wiedemann sicher. «Dennoch ist unsere Branche immer noch günstiger als in der Schweiz.» Der Bereich der Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte ist ausserdem von der Inflation in Deutschland weniger betroffen. «Wir spüren die Inflation kaum», sagt Wiedemann. «Dazu bekommen Schweizerinnen und Schweizer am Zoll die Mehrwertsteuer zurück.»

Im Laufe der Jahre konnte sich Wiedemann einen treuen Kundenstamm aus den Grenzgebieten erarbeiten. «Wir waren oft auf Messen präsent und haben seit Jahren eine gleichbleibende und gute Qualität. Jeder Kunde und jede Kundin wird bei uns gleich gut bedient», betont der Einzelhändler aus Weil am Rhein.

Aber auch die Inflation sei ein Grund für den schwindenden Absatz. «Sie bewegt rund 20 Prozent der Schweizer Einkaufstouristen, nicht nach Deutschland zu fahren», sagt Rudolph. Vor allem Obst und Gemüse sind von der Inflation sehr stark betroffen. «Peperoni und Blumenkohl sind in den letzten Monaten sehr viel teurer geworden. Das Kilo Spitzpeperoni kostet mittlerweile 12.90 Euro, während man bei Peperoni vor drei Monaten noch 3.99 Euro gezahlt hat, liegt der Preis heute bei 8.99 Euro», berichtet eine Verkäuferin, die in einem Lebensmittelgeschäft an der Weiler Hauptstrasse arbeitet. «Auch für einen Granatapfel muss der Kunde mittlerweile 5 Euro bezahlen.»

Vor allem Konserven und Öl sind recht beliebt

Sie spürt deutlich den Rückgang, erklärt sie weiter. «Während der Pandemie sind schon viel weniger gekommen und wirklich erholt hat sich der Absatz seit dem leider nicht mehr.» Dazu wird auch anders eingekauft, wie ihr auffällt. Vor allem Konserven und haltbare Lebensmittel sind besonders bevorzugt und landen oft in den Einkaufswagen der Schweizer Kundinnen und Kunden. «Öl ist besonders beliebt und Obst wie Orangen, weil diese gerade Saison haben.»

Was aktuell wieder günstiger geworden ist, sind Butter und Milch. «Das ist der Wahnsinn, wie die Preise da runter sind. Vor Kurzem hat das halbe Pfund Butter noch 4 Euro gekostet, jetzt ist Butter wieder für 1.90 Euro zu haben», meint die Verkäuferin. Sie hofft, dass in Zukunft wieder mehr Kundschaft aus den grenznahen Regionen kommt. Für Markus Wiedemann liegt das auf der Hand: «Die Parität zum Euro ist so gut wie erreicht. Der Franken ist so stark, dass der Einkauf in Deutschland immer noch lohnt.» Dazu lockt auch weiterhin eine grössere Produktvielfalt die Schweizer Kundschaft.

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veröffentlicht: 30. März 2023 07:49
aktualisiert: 30. März 2023 07:49
Quelle: ArgoviaToday

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