Brienz

Wahrscheinlichkeit für grossen Bergsturz in Brienz gesunken

07.06.2023, 23:14 Uhr
· Online seit 07.06.2023, 19:32 Uhr
Ein grosser Bergsturz über Brienz in Graubünden ist weniger wahrscheinlich geworden, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Das erklärten Experten am Mittwochabend an einem Informationsanlass für die Bevölkerung des evakuierten Dorfes.

Quelle: Keystone-SDA

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Die Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz/Brinzauls gehört, sowie Experten des Kantons und des Frühwarndienstes informierten die Brienzerinnen und Brienzer im benachbarten Tiefencastel über die aktuelle Lage im potenziellen Bergsturzgebiet über dem Dorf.

Die sogenannte Insel, ein exponierter Teil des Bergsturzhanges, bewegte sich laut dem Leiter des dortigen Frühwarndienstes, Stefan Schneider, zuletzt mit fast einem Meter pro Tag talwärts - etwa zehn Mal schneller als vor einem Monat.

Die Geschwindigkeit nahm immer noch zu, aber nicht mehr exponentiell. «Diese Abweichung könnte ein Hinweis sein, dass die Entwicklung auf kleinere Felsstürze oder auf einen Schuttstrom zusteuert», sagte der Geologe. Ein grosser Bergsturz, der das ganze Dorf träfe, könne aber nicht ausgeschlossen werden.

Erst wenn das involvierte Geologenteam zuverlässig beurteilen könne, dass ein Bergsturz unwahrscheinlich werde, könne über Lockerungsschritte bei der Evakuierung befunden werden. «Das kann noch mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate dauern», sagte der Geologe zur Dorfbevölkerung.

Drei mögliche Umsiedlungsstandorte

Inzwischen arbeitet die Gemeinde Albula/Alvra an einem Umsiedlungskonzept für den Fall, dass das Dorf nicht mehr bewohnbar würde oder Teile davon zerstört wären. Es stünden drei Standorte auf dem Gemeindegebiet für eine Umsiedlung zur Verfügung, erklärte ein Vertreter der Kommune. Der Zeitbedarf für die Bereitstellung der Standorte und deren Erschliessung betrage mindestens zwei bis drei Jahre.

Das 84-Seelen-Dorf Brienz/Brinzauls im Albulatal wird nicht nur durch den abrutschenden Berghang oberhalb des Dorfes bedroht. Auch das Gelände auf dem das Dorf steht, rutscht langsam zu Tal und mit ihm das ganze Dorf.

Hoffnungen setzen die Geologen in einen geplanten 1650 Meter langen Entwässerungsstollen im rutschenden Untergrund. Ein bereits erstellter Sondierungsstollen hat deren Erwartungen übertroffen. «Ich bin zuversichtlich, dass wir die Rutschung Dorf massiv verlangsamen können und dass der Entwässerungsstollen auch positive Auswirkung auf die Rutschung Berg haben wird», erklärte Andreas Huwiler, Geologe vom Bündner Amt für Wald und Naturgefahren.

Mit dem Bau des Stollens kann frühestens im März 2024 begonnen werden. Dessen Kosten sind auf 39,8 Millionen Franken veranschlagt. Über einen entsprechenden Kredit wird die Gemeindeversammlung befinden.

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Spenden aus der ganzen Schweiz

Seit der Evakuierung gingen bei der Gemeinde Spenden aus der ganzen Schweiz ein, wie Gemeindepräsident Daniel Albertin ausführte. Privatpersonen und Gemeinden spendeten bisher 150'000 Franken. Weitere 500'000 Franken sprach die Bündner Regierung. Die Gemeinde zahlte bereits Soforthilfen von 167'000 Franken aus für die mit der Evakuierung verbunden Kosten, pro betroffenen Haushalt mindestens 2500 Franken.

Probleme bereiten der Gemeinde Personen, die das Sperrgebiet rund um Brienz missachten. «Es vergeht kein Tag, ohne dass Leute die Sperrzone betreten», erklärte Albertin. Es handle sich um Wanderer, Biker, aber auch um Väter mit Kindern. Er appellierte an Einheimische und Touristen, das Betretungsverbot zu respektieren. Die Gemeinde werde Bussen aussprechen, um es durchzusetzen.

Brienz/Brinzauls war am 12. Mai evakuiert worden. Aus dem mächtigen Berghang oberhalb des Dorfes drohen bis zu zwei Millionen Kubikmeter Gestein abzustürzen, das Volumen von 2000 Einfamilienhäusern.

(red./sda)

veröffentlicht: 7. Juni 2023 19:32
aktualisiert: 7. Juni 2023 23:14
Quelle: FM1Today

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