US-Autorenstreik

Aufstieg von Reality-TV, Trump und Fox: Wie die Streiks die Welt veränderten

· Online seit 04.05.2023, 08:27 Uhr
Seit Dienstag streiken in den USA die Drehbuchautoren. Grund dafür sind die gescheiterten Verhandlungen mit Filmstudios und Streamingdiensten. Es ist der dritte grosse Autorenstreik der Geschichte. Die Auswirkungen dieser Streiks haben die Welt nachhaltig verändert.
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Die Drehbuchautorinnen und -autoren in den USA haben am Dienstag nach gescheiterten Lohnverhandlungen mit den Filmstudios und Streaminganbietern ihre Arbeit niedergelegt. Davon betroffen sind zahlreiche Filmprojekte und TV-Shows. Es ist der dritte grosse Autorenstreik in der Geschichte Hollywoods. Erstmals gestreikt wurde 1988, das letzte Mal 2007. Diese Streiks haben die Unterhaltungsindustrie nachhaltig verändert – und die Welt, wie wir sie kennen. 

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Die Geburtsstunde der «Realität»

Aber beginnen wir am Anfang: 1988 legten die Autorinnen und Autoren das erste Mal ihre Arbeit nieder. Damals gab es drei grosse TV-Player in den Staaten: ABC, CBS und NBC. Der Sender Fox steckte noch in den Kinderschuhen. Aufgrund des Streiks konnten keine neuen Folgen der beliebten Shows gedreht werden, weil die Drehbücher dafür fehlten. Das hatte zur Folge, dass die Sender Wiederholungen zeigen mussten. Eine Sendung ohne Drehbuch, ohne Moderator und ohne Studiosequenzen war damals undenkbar – zumindest bis dahin. Denn der Streik kann als Geburtsstunde des heute allgegenwärtigen Reality-TVs angesehen werden.

Denn der Sender Fox, welcher zu jener Zeit im Vergleich zu den «Big Three» ein kleines Publikum besass, setzte im Zuge des Streiks auf dieses Format, welches weder Storyline noch Moderatoren brauchte und dementsprechend günstig war. Zu verlieren hatte man bei Fox nichts. Die Show «Cops», welche Polizisten bei Einsätzen begleitet, ist heute immer noch zu sehen und zählt über 1000 Episoden. Der Erfolg führte dazu, dass die anderen Sender ebenfalls auf solche Formate setzten.

Der Aufstieg Donald Trumps

Der Erfolg von Reality-TV wuchs in den kommenden Jahren immer weiter. Und zwar so stark, dass die Autorinnen und Autoren 2007 erneut streikten. Der Grund: Ihrer Ansicht nach ist das Produzieren solcher Sendungen ebenfalls «Schreiben», denn aus dem Rohmaterial müsse ja eine Geschichte erstellt werden.

Die Studios wollte ihre «Cashcow» aber nicht an die Autoren abgeben. Nachdem der erste Streik die Medienlandschaft massiv veränderte, hatte der zweite eine weit grössere Auswirkung: Präsident Donald Trump!

Nein, du hast dich nicht verlesen: Donald Trump verdankt dem Streik vermutlich alles. Du fragst dich nun sicherlich: Warum? Die Erklärung ist nicht so kompliziert. Trump war seit 2004 Moderator des NBC-Reality-Hits «The Apprentice». 2007 sollte die Show allerdings aufgrund sinkender Zuschauerzahlen eingestellt werden – doch dann kam der Streik.

Notgedrungen brauchte der Sender ein Reality-Format – und man hatte ja noch Donald Trump unter Vertrag. Daraus entstand dann «The Celebrity Apprentice». Die Show war zwar nicht ganz so erfolgreich wie der Vorgänger, aber immerhin beachtlich. Das hatte zur Folge, dass Trump sieben weitere Jahre als Selfmade-Millionär im TV posieren konnte. Dies, obwohl er im echten Leben zum vierten Mal Unternehmensinsolvenz anmelden musste.

Verzerrung der echten Welt

Die Autorenstreiks hatten also grosse Auswirkungen auf die Medienlandschaft und einzelne Personen – doch nicht nur das. Sie veränderten auch die Gesellschaft. Doch wie? Grosse Schuld daran hat das durch den ersten Streik grossgewordene Reality-TV.

Nehmen wir als Beispiel die Sendung «Cops». Die Show prägte in Amerika die Wahrnehmung von Kriminalität und Polizeiarbeit und förderte negative Stereotypen. So wurden vor allem afroamerikanische Männer mit Gewaltverbrechen in Verbindung gebracht. Zudem wurden die Folgen meist in armen Nachbarschaften gefilmt, wo hauptsächlich Minderheiten leben. Auch zeigte die Sendung ein falsches Bild der Effizienz der Polizei. Misserfolge bei Ermittlungen? Fehlanzeige!

Doch die Reality-Shows veränderten sich mit der Zeit. Die Verschmelzung von Fakt und Fiktion in den Formaten wurde mit der Zeit immer grösser, die Formate immer zahlreicher. Mittlerweile sind auch zig Skandale ans Licht gekommen. Allerdings kommt nun die Krux der halbkonstruierten «Realität»: So berief sich beispielsweise Donald Trump darauf, dass die Äusserungen während «The Apprentice» nicht von der Privatperson Donald Trump getätigt wurden, sondern von der Figur Donald Trump. Auch Hulk Hogan machte dieses Argument in seinem Sex-Video-Prozess geltend.

Was der jetzige Streik für Auswirkungen auf unser Leben haben wird, wird sich zeigen. Vielleicht gar keine, vielleicht grosse. Fakt ist aber: Die bisherigen haben zu grossem Wandel in Politik, Popkultur und der Medienlandschaft geführt. Wieso also nicht auch dieser?

veröffentlicht: 4. Mai 2023 08:27
aktualisiert: 4. Mai 2023 08:27
Quelle: FM1Today

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