Quelle: 32Today / zVg
Manfred, wie oft bist du den Grandprix von Bern gelaufen?
Heuer ist das 16. Mal. Vor genau 20 Jahren, 2003, meldete ich mich aus einer Laune heraus einmal an und fand Gefallen. Seither habe ich den Lauf nur verpasst, wenn ich verletzt, trainingsfaul oder an einem Polterabend war. Sogar im Corona-Jahr 2020 habe ich den Lauf simuliert, ich bin einfach von zu Hause aus 16 Kilometer gerannt.
Freiwillig 16 Kilometer rennen - da fragen sich viele: Was stimmt nicht mit dir?
Das frage ich mich nach ein paar Kilometern jeweils auch. Rennen ist hart, schnell rennen ist noch härter. Aber die Läuferinnen und Läufer leiden alle, das verbindet. Und die Ambiance ist jedes Jahr überragend, die Leute am Strassenrand feuern an und motivieren. Auch meine Familie gibt alles und feuert mich an drei Stellen an der Strecke an, sie haben es ähnlich streng wie ich. Und ganz ehrlich: Das eigene Ego treibt an, man will die Herausforderung schaffen und kämpft sich durch.
Welche Fehler hast du schon gemacht? Hat es dich schon «aufgestellt»?
Aber sicher! Mit am besten war es erstaunlicherweise bei der Premiere 2003. Ich ging ohne Erwartungen und in einem «langsamen» Startblock auf die Strecke, hatte zwar kaum trainiert, aber durchs Velofahren eine gute Grundkondition. Ich habe viele Leute überholt und kam völlig entspannt ins Ziel in einer anständigen Zeit. Leider gab es auch andere Jahre...
Inwiefern?
Man will nie langsamer sein als im Vorjahr, ich hatte aber zeitweise wenig trainiert und stand in einem zu schnellen Startblock. Dann lässt man sich die ersten Kilometer ziehen, ist zu schnell und explodiert. Vor allem wenn es heiss ist, hatte ich ein paar ziemlich harte Läufe. Die Temperatur spielt eine grosse Rolle, kühl ist super. Insofern sind die Voraussetzungen dieses Jahr mit etwa 16 Grad sehr gut.
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Zu schnell starten ist also der Hauptfehler?
Absolut, es ist unglaublich schwierig, zu «bremsen», wenn rund herum alle nach vorne preschen auf den ersten Kilometern. Die Streckenführung verleitet auch zum Schnellstart: Die ersten Kilometer gehen flach oder abwärts, bis etwa Kilometer 7 gibt es keine nennenswerte Steigung. Die Brocken kommen danach: Dählhölzliwald, der Aufstieg Richtung Bundeshaus und natürlich am Schluss der Aargauerstalden. Der ist schon happig, vor allem wenn man vorher schon am Limit ist.
Was kann sonst noch schiefgehen?
Ich stelle jedes Jahr fest, dass das Mentale entscheidend ist. Schon nach zwei oder drei Kilometern sagt dir dein Körper: Muss das sein? Können wir nicht in der Altstadt in ein Café sitzen und gemütlich an einem Getränk nippen? Dann musst du ein Ziel haben, an was Schönes denken und versuchen, deinen Rhythmus zu finden und Meter um Meter hinter dich zu bringen. Am Ziel habe ich immer ein Bierchen in der Sporttasche, das motiviert zusätzlich.
Was gilt es in der Vorbereitung zu beachten?
Trainieren wäre von Vorteil... Aber Spass beiseite: Kurz vor dem Lauf ist nur noch wichtig, erholt zu sein, viel zu schlafen und gut zu essen. Nicht dass ich das alles konsequent machen würde, aber ich wüsste zumindest, wie es geht..
Quelle: BärnToday
Was isst und trinkt man am Tag des Laufs?
Ein paar Jahre lang hatte ich die fixe Idee, ich müsste vor dem Rennen genug trinken, weil Trinken während des Grandprix recht anstrengend ist, so mit Puls 180 an den Verpflegungsständen. Aber wenn du zu viel trinkst vor dem Lauf, schwemmst du nur die Salze und Mineralien aus dem Körper. Ich hatte Jahre, da merkte ich nach 500 Metern, ui, das wird nix in diesem Jahr, die Beine fühlten sich an wie Blei.
Wie macht man es besser?
Sich im Vorfeld so normal wie möglich zu verhalten und sich nicht verrückt machen zu lassen. Ich will ja nicht gewinnen, sondern Freude haben am Lauf. Vor dem langen Grandprix feuere ich meine Kinder beim Bären-Grandprix an und viele Freunde und Bekannte am Altstadt-Grandprix. So kann ich mit super ablenken.
Welche Zeit sollte es heuer sein?
Vor 20 Jahren hatte ich eine Stunde und 15 Minuten, meine Bestzeit liegt bei 1.10 und letztes Jahr war ich langsam mit 1.21. Ich bin zufrieden, wenn ich im Schnitt unter fünf Minuten pro Kilometer laufe, also unter 1.20. Wie es übrigens die Spitzenleute schaffen, unter 50 Minuten oder nur schon unter einer Stunde zu bleiben, ist mir über all die Jahre ein Rätsel geblieben.
Und was steht nach dem Lauf an?
Nach dem Lauf treffen sich Familie und Freunde bei uns auf der Terrasse, es wird gegessen, getrunken und gefachsimpelt. Das gibt Bewegung und hilft gegen den Muskelkater.
Wer noch nie gelaufen ist: Kannst du den Grandprix empfehlen?
Unbedingt! Egal, ob man ein «Runners High» oder «Flasche leer» erlebt - man wird es nie mehr vergessen.
(red.)