England

85 Änderungen in «Charlie und die Schokoladenfabrik» – grenzt das an Zensur?

· Online seit 20.02.2023, 15:47 Uhr
Die Geschichten vom Autor Roald Dahl erfreuen sich schon immer grosser Beliebtheit. Es sind Kinderbücher, in denen schwarzer Humor und erniedrigende Beschreibungen Standard sind. Doch dies wurde jetzt geändert. Hunderte von Anpassungen zieren die neuste englische Fassung der Bücher.
Yasmin Stamm
Anzeige

Im Kinderbuch «Charlie und die Schokoladenfabrik» trifft der kleine Charlie auf «einen neunjährigen Jungen, der so unglaublich dick war, dass er aussah, als ob er mit einer grossen Pumpe aufgeblasen wurde». Oder zumindest war er das noch in den alten Büchern. Denn in den neusten englischen Fassungen dieser Geschichte ist Augustus Glupsch nicht mehr dick, sondern nur noch riesig.

Keine Beleidigung und Erniedrigung mehr

Diese und Hunderte andere Änderungen wurden laut «The Telegraph» in den englischen Neufassungen der allseits bekannten und geliebten Kinderbüchern des britischen Autors Roald Dahl vorgenommen. Alleine im bekanntesten Buch «Charlie und die Schokoladenfabrik» sind es schon 85.

Die Roald-Dahl-Company und der «Puffin»-Verlag, welche diese Änderungen vornahmen, schreiben dazu: «Wir überarbeiten die Geschichten regelmässig damit sie weiterhin von allen genossen werden können.»

In den neuen Fassungen wurden Textpassagen neu dazu geschrieben, umgeschrieben oder sogar ganz entfernt. So werden aus der dummen Mutter in «Das Wundermittel» lediglich die dummen Eltern, aus einem Idioten wird ein Clown und auch das Bild der Umpa-Lumpas in «Charlie und die Schokoladenfabrik» hat sich komplett verändert.

Schwarzer Humor und jegliche beleidigende oder erniedrigende Beschreibungen wurden entfernt. So solle sich niemand mehr durch die Bücher angegriffen oder verletzt fühlen.

Antisemitisch, rassistisch und sexistisch

Es ist nichts Neues, dass klassische Bücher und Filme des 20. Jahrhunderts immer wieder durch heute inakzeptable Äusserungen auffallen. Egal ob der berühmte Comic «Tim und Struppi» vom Autor Hergé oder diverse alte Disney-Filme, alle haben mit viel Kritik der Öffentlichkeit zu kämpfen bezüglich Rassismus und Sexismus.

Auch Roald Dahl erntete während seines Lebens immer wieder wegen antisemitischen Aussagen Kritik. Er äusserte sich hassvoll im Libanonkrieg und erwähnte einst, dass er sich die guten Zeiten des Zweiten Weltkrieges zurückwünsche.

Seine Familie und die Roald-Dahl-Company wie auch die Leiterin des Roald-Dahl-Museum und Geschichtenzentrums Amelia Foster distanzierten sich von diesen Aussagen und baten öffentlich um Entschuldigung. Was Dahl damals gesagt habe, sei inakzeptabel, kindlich und dumm gewesen.

Da Dahl viele jüdische Personen – inklusive sich selbst – in seinem Umkreis hatte, welche er respektierte und akzeptierte, seien diese Aussagen auch ein klares Zeichen dafür, dass Roald Dahl nichts ernstnahm, nicht mal sich selbst, so Foster.

Viel Kritik für die «Zensur»

Der Aufschrei zu diesen Änderungen ist gross. Der Verlag solle sich schämen, man sei alarmiert durch die Zensur in den Büchern und durch diese Sensibilisierung würde das unglaubliche Talent des Autors untergraben werden. Die Leser und Kinder würden so nur von der Konfrontation mit der realen Welt gehindert werden. So und ähnlich äusserten sich viele englische Autoren und Kritiker.

Die Roald-Dahl-Company sagte dazu, dass man nur kleine Änderungen vorgenommen habe und diese seien immer bedächtig ausgewählt worden. Durch die Änderungen habe sich nichts an den Geschichten und den Charakteren geändert und die respektlose und eckige Stimmung sei noch genau so in den Texten fühlbar wie davor.

veröffentlicht: 20. Februar 2023 15:47
aktualisiert: 20. Februar 2023 15:47
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige
32today@chmedia.ch