China empört

Im Video: US-Jet schiesst mutmasslichen Spionageballon ab

13.02.2023, 10:06 Uhr
· Online seit 04.02.2023, 21:29 Uhr
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben den mutmasslichen Spionageballon aus China abgeschossen, wie das Pentagon am Samstag bestätigt. Peking protestierte am Sonntag gegen die «Überreaktion», wies die Spionagevorwürfe zurück und sprach von einem «zivilen» Forschungsballon auf Irrwegen.

Quelle: Twitter / Viralpress

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Die USA haben einen mutmasslichen Spionageballon aus China über dem Atlantik abgeschossen. Als der weisse Ballon am Samstag in 18 bis 20 Kilometer Höhe über der Atlantikküste schwebte, stiegen Kampfjets auf, die ihn mit einer Luft-Luft-Lenkwaffe vom Typ AIM-9X Sidewinder zum Absturz brachte. Auf TV-Bildern und in Videos von Augenzeugen war zu sehen, wie der Ballon getroffen wurde und abstürzte.

Die USA bezichtigten China der Spionage mit dem Ballon. Peking protestierte am Sonntag gegen die «offensichtliche Überreaktion» und wies die Vorwürfe erneut zurück.

Kolumbien und die USA verfolgen zurzeit einen möglichen weiteren Beobachtungsballon, der über dem lateinamerikanischen Land gesichtet wurde. Die kolumbianische Luftwaffe berichtete, ein Objekt mit «ähnlichen Eigenschaften wie ein Ballon» sei in seinen Luftraum eingedrungen. Es sei am Freitagmorgen in rund 17 Kilometer Höhe entdeckt worden, sei aber «keine Gefahr für die nationale Sicherheit».

Ballon war in der Nähe einer Luftwaffenbasis mit Atom-Raketen unterwegs

Nach dem Abschuss sagte ein hoher Vertreter des Pentagons, dass die Bergung des Ballons nun in vollem Gange sei. «Wie lange es dauern wird, steht noch nicht fest» sagte er. Die Trümmer befänden sich in relativ flachem Wasser, was die Bergung «ziemlich einfach» machen würde.

Von den Geräten erhoffen sich die USA nähere Informationen über die Mission. Der Ballon war unter anderem im US-Bundesstaat Montana nahe einer US-Luftwaffenbasis gesichtet worden, wo mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen lagern. Während seines Überflugs hätten die USA sofort Schritte unternommen, um die Sammlung sensibler Informationen durch den Ballon zu verhindern. Den nachrichtendienstlichen Schaden schätzt man als eher gering ein. Der Ballon sei erstmals am 28. Januar gesichtet worden, als er bei den zum Bundesstaat Alaska gehörenden Aleuten in den US-Luftraum eingedrungen sei.

Quelle: CH Media Video Unit / Katja Jeggli

Während seines Überflugs hätten die USA unmittelbar Schritte unternommen, um die Sammlung sensibler Informationen durch den Ballon zu verhindern und dessen nachrichtendienstlichen Wert für China zu verringern, hiess es weiter. Der Ballon habe zu keiner Zeit eine Gefahr für die zivile Luftfahrt in den USA dargestellt. Von der Bergung der Geräte an Bord erhoffen sich die USA nähere Informationen über die Mission. Den nachrichtendienstlichen Schaden schätze man als eher gering ein, hiess es.

Befehl zum Abschuss bereits seit Mittwoch

Biden erklärte am Samstag vor Reportern, er habe den Befehl zum Abschuss des Ballons über den USA schon vor mehreren Tagen erteilt. Er habe bereits am Mittwoch, als er über den Ballon informiert worden sei, angeordnet, das Flugobjekt «so schnell wie möglich» abzuschiessen. Ein Risiko für die Menschen am Boden sollte ausgeschlossen werden. Daher sei entschieden worden, das Flugobjekt erst über dem Meer aber innerhalb des US-Hoheitsgebiets abzuschiessen.

Der Abschuss des Ballons über Land wäre aufgrund der Grösse und Höhe des Ballons und seiner Last zu gefährlich gewesen, teilte Verteidigungsminister Austin mit. China habe mit dem Ballon versucht, strategische Standorte auf dem US-Festland zu überwachen, betonte er. Er sprach von einer «inakzeptablen Verletzung» der Souveränität der USA. Mehrere Republikaner, darunter der frühere US-Präsident Donald Trump, hatten gefordert, den Ballon abzuschiessen.

Die chinesische Regierung äusserte ihre «starke Unzufriedenheit» über den Einsatz von Gewalt durch die USA gegen ein «ziviles, unbemanntes Luftschiff». Es sei eine «ernste Verletzung» internationaler Praktiken. China behalte sich das Recht auf «notwendige Reaktionen» vor, sagte ein Aussenamtssprecher in Peking. China habe die USA wiederholt informiert, dass der Ballon zivilen Zwecken diene und «durch höhere Gewalt» über die USA geflogen sei, «was völlig zufällig war».

Aussenminister Blinken sagt Besuch in Peking ab

US-Aussenminister Blinken hatte als Reaktion auf den Vorfall seinen eigentlich für Sonntag erwarteten Besuch in Peking abgesagt. Er hatte das Eindringen des Ballons in den US-Luftraum am Freitag als «inakzeptabel» und «unverantwortlich» bezeichnet. China sprach dagegen von einem Forschungsballon, der durch «höhere Gewalt» vom Kurs abgekommen sei. Nachdem der Vorfall zunächst in ungewohnt defensiver Weise «bedauert» worden war, ging ein chinesischer Aussenamtssprecher in die Offensive: «Einige Politiker und Medien in den USA haben die Situation ausgenutzt, um China anzugreifen und in Verruf zu bringen.»

Es wäre der erste Besuch eines US-Aussenministers in China seit 2018 gewesen. Nach Medienberichten hätte Blinken auch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen werden sollen. Zwar waren die Erwartungen an den Besuch nicht gross, doch gab es Hoffnungen, dass er zu einer Beruhigung in den turbulenten und schwierigen Beziehungen führt. Blinken unterstrich am Freitag, dass die USA die Kommunikationskanäle zu Peking offenhalten wollten und der Besuch bald nachgeholt werden solle, «wenn die Bedingungen es erlauben».

Ballons gelten als wichtige Beobachtungsplattformen. Ihr Einsatz ist nicht unüblich. Anders als Satelliten können sie an einer Stelle bleiben, müssen nicht eine neue Runde um die Erde drehen, um weitere Bilder zu machen, wie Experten schilderten. Sie könnten aus grösserer Nähe beobachten, seien für Radar schwer zu entdecken. Auch könnten sie Kommunikation abfangen. Die Navigationsmöglichkeiten seien heute deutlich verbessert, so dass sie nicht mehr allein vom Wind abhingen.

(sda/fho/dak)

veröffentlicht: 4. Februar 2023 21:29
aktualisiert: 13. Februar 2023 10:06
Quelle: BärnToday

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