Die zweite Maiwoche ist für die Berner Justiz eine strenge: In Burgdorf und in Biel kommt es zu Prozessen nach Tötungsdelikten. Beide Fälle liegen schon etliche Jahre zurück.
Tat im Drogenmillieu?
Vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau muss sich ab Montag ein Mann verantworten, der für den Tod eines 55-Jährigen in Burgdorf im Februar 2018 (mit-)verantwortlich gemacht wird. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vorsätzliche Tötung vor, eventuell Mord.
Dass im Fall einiges nicht ganz klar ist, zeigt die Tatsache, dass der Angeschuldigte eventuell auch «nur» wegen Mittäterschaft oder Gehilfenschaft verurteilt werden könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Drittperson an der Tat beteiligt war.
Wie der Anklageschrift zu entnehmen ist, kannte der 37-jährige Angeklagte das Opfer. Er habe ihn in seiner Wohnung in Burgdorf mit 30 Messerstichen und einem Kehlenschnitt getötet. Wenige Tage zuvor habe sich der mutmassliche Täter beim Opfer aufgehalten, um dort Kokain zu konsumieren.
Unklar ist, wann genau das Opfer im Winter 2018 zu Tode kam. Es wurde am Abend des 20. Februar leblos aufgefunden, Zeugen gibt es nicht. Wenige Tage nach der Tat wurde ein Verdächtiger festgenommen.
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Später wurde bekannt, dass sich der Mann gegen die Untersuchungshaft wehrte. Das Obergericht wies seine Beschwerde im Sommer 2018 jedoch ab. Ob es sich beim seinerzeit Verhafteten nun um jenen Mann handelt, der ab Montag vor Gericht steht, ist unklar. Der Angeschuldigte muss sich auch wegen Betäubungsmitteldelikten und wegen Diebstahls verantworten, und diese Delikte datieren aus den Jahren nach dem Tötungsdelikt von Burgdorf. Das Gerichtsverfahren in Burgdorf wird auf diese Fragen Antworten liefern.
Ungeklärter Mord in Biel-Mett
Der zweite Prozess dieser Woche findet ab Dienstag vor dem Regionalgericht in Biel statt und betrifft einen Fall, der bald ein Vierteljahrhundert zurückliegt. 1999 war ein 22-Jähriger im Bieler Quartier Mett erschossen worden, als er zusammen mit seinem Bruder nach Hause kam. Vier Geiselnehmer hatten ihre Familie überfallen und durch ein Fenster das Feuer eröffnet, nachdem die beiden Männer an die Türe geklopft hatten.
Die Hintergründe der Tat sind verworren. Möglicherweise ging es um Waffenhandel im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg, der in jenem Jahr tobte. Jahrelang galt der Fall als ungelöst und die Ermittlungen ruhten.
Sind die DNA-Spuren belastbar genug?
Eine Wendung nahm der Fall 2015 aus Zufall. DNA-Spuren eines vermeintlichen Kiosküberfalls in Bern ergaben eine Übereinstimmung mit der Täter-DNA aus dem Fall Biel-Mett. Im Anschluss wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen, im Verdeckten und mit dem Ziel, die anderen Täter zu finden. Doch schliesslich klagte die Staatsanwaltschaft 2022 nur einen Mann an – jenen heute 65-jährigen Nordmazedonier, dessen DNA in Bern zum Zufallstreffer geführt hatte.
Knackpunkt des Verfahrens dürfte sein, ob die DNA-Spuren ausreichen, um eine Tatbeteiligung nachzuweisen. Die Verteidigung bestreitet dies. Eine Verurteilung ist nur wegen Mordes möglich, denn alle anderen, weniger gravierenden Tatbestände sind mittlerweile verjährt.
Der Prozess in Biel ist auf vier Tage angesetzt, das Urteil wird am 6. Juni verkündet.