Kritik an SP-Bundesrätin

«Es ist despektierlich» – Funiciello hat kein Verständnis für Aussage von GLP-Chef

23.10.2023, 18:33 Uhr
· Online seit 23.10.2023, 17:35 Uhr
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider sei «nicht die hellste Kerze auf der Torte» – das sagte der Präsident der Grünliberalen Schweiz Jürg Grossen in einem Podcast nach den Wahlen. Dass er sich bei der Justizministerin entschuldigen will, sei nichts als richtig, findet die Präsidentin der SP Frauen Tamara Funiciello.
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Elisabeth Baume-Schneider sei nicht die hellste Kerze auf der Torte. Diese Aussage machte Jürg Grossen am Sonntag im Podcast «Bern einfach» des Magazins Nebelspalter, wo er sich bereits im September kritisch über die Arbeit der Justizministerin geäussert hatte. Gegenüber BärnToday entschuldigte er sich am Montag dafür und betonte, dass er die Justizministerin nicht als Person angegriffen und als dumm bezeichnet habe, sondern es ihm lediglich um ihre Arbeit im Bundesrat ging.

Trotzdem kommt die Aussage bei der SP Schweiz nicht gut an. Auf Anfrage bei der Medienstelle hat sich am Montagnachmittag die Präsidentin der SP Frauen Schweiz, die Bernerin Tamara Funiciello, gemeldet. Sie nimmt im Interview Stellung zur Aussage von Jürg Grossen.

BärnToday: Was sagen Sie zur Aussage von Jürg Grossen?

Tamara Funiciello: Ich finde das äusserst despektierlich – besonders einer gewählten Magistratin gegenüber. Elisabeth Baume-Schneider hat jahrzehntelange Erfahrung in der Politik. Sie ist eine ehemalige Ständerätin, ehemalige Regierungsrätin und ist amtierende Bundesrätin. So jemandem zu sagen, sie sei dumm, finde ich wirklich ganz, ganz schwierig. Man muss politisch nicht miteinander einverstanden sein. Das ist völlig im Rahmen und dafür gibt es verschiedene Parteien. Aber einer Person Kompetenzen und Intelligenz abzusprechen – das ist nicht der gute Ton.

Müsste ein erfahrener Politiker, ein Parteipräsident, es besser wissen, als solche Aussagen leichtfertig in einem Podcast zu tätigen? 

Man muss sich einfach bewusst sein, dass Parteipräsidentinnen und Parteipräsidenten Verantwortung haben. Sie setzen den Ton für den politischen Diskurs in einem Land. Und je nachdem, was sie sagen, wird das nachgeahmt. Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein. Ich habe nichts dagegen, mit harten Bandagen zu kämpfen. Man soll leidenschaftlich für die eigenen Interessen einstehen und die Leute vertreten, die man vertreten will – das hat alles Platz. Was aber keinen Platz hat, ist jemandem Kompetenzen und Intelligenz abzusprechen – spezifisch einer Frau. Das geht einfach nicht.

Jürg Grossen hat sich von den Aussagen distanziert und gegenüber BärnToday gesagt, dass er sich auch persönlich bei Bundesrätin Baume-Schneider entschuldigen würde. Ist es damit vergessen und vergeben? 

Ich begrüsse es natürlich, dass sich Herr Grossen entschuldigen will. Es ist das Einzige, was in dieser Situation angebracht ist. Aber wenn so etwas gesagt wird, ist es auch ein Problem des gegenseitigen Vertrauens. Wenn man das Gefühl hat, dass das Gegenüber überzeugt ist, dass man eigentlich nicht ganz so intelligent ist, ist das eine schwierige Ausgangslage. Da muss man dafür sorgen, dass das Vertrauen wieder hergestellt ist. Und ich würde auch sagen, dass Herr Grossen sein Frauenbild genauer reflektieren sollte. Frau Baume-Schneider vertritt nicht die Position von Herrn Grossen, sonst wäre sie in der GLP und nicht in der SP. Man darf und soll unterschiedliche Positionen haben und man muss respektvoll miteinander umgehen. Ich habe eigentlich gedacht, dass gerade die GLP sich auf die Fahne geschrieben hat, die rationale Mitte sein zu wollen. Dann soll Jürg Grossen das gefälligst auch so verkörpern.

Ist es für Sie besonders enttäuschend, dass so etwas gerade von der GLP kommt?

Es zeigt, dass der politische Diskurs verroht. Das passiert, wenn Leute der angeblichen politischen Mitte sich so äussern. Es ist eine gefährliche Entwicklung. Ich finde, man darf durchaus hart miteinander ins Gericht gehen, vor allem wenn es um politische Entscheide geht. Aber es geht nicht, dass man politische Gegner abwertet.

Jürg Grossen erwähnte auch den Stress am Wahlsonntag, besonders als verlierende Partei. Wie schätzen Sie das selbst mit ihrer Politikerfahrung ein – kann es passieren, dass so etwas «herausrutscht»?

Ich glaube, man muss genau hinschauen, was gesagt wird. Ich finde, ein Fluch darf in so einer Situation durchaus Platz haben. Das ist auch okay. Es darf auch Platz haben, pointiert die politischen Gegner anzugreifen. Aber hier hat man eine gestandene Magistratin, eine Bundesrätin, gezielt abgewertet. Das geht meiner Meinung nach wirklich nicht. Ich finde es gut, dass er sich entschuldigt hat. Ich hoffe, dass die Sache damit erledigt ist.

(red)

veröffentlicht: 23. Oktober 2023 17:35
aktualisiert: 23. Oktober 2023 18:33
Quelle: BärnToday

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