Wald-Delikatesse

«Im Grauholz-Wald gibt es schöne Morcheln» – Pilzexperte zur aktuellen Saison

30.03.2024, 17:54 Uhr
· Online seit 30.03.2024, 16:51 Uhr
Königin des Waldes oder Königin des Frühlings – so wird die Morchel genannt. Königin wohl, weil sie teurer ist als die meisten Pilze und als Delikatesse gilt. Ganz ungefährlich ist der Speisepilz aber nicht.
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Today-Redaktion: Wie sieht das Morcheljahr 2024 aus?  

Erich Herzig, Pilzkontrolleur und Präsident des Vereins Pilzkunde Bern: «Dieses Jahr scheint wieder ein gutes Morcheljahr zu sein. Ich selbst zog noch nicht so oft durch die Wälder, aber einige meiner Bekannten und Kollegen haben bereits schöne Funde gemacht. Ausserdem schossen die Morcheln dieses Jahr früher aus dem Boden aufgrund der höheren Temperaturen. Bereits im Februar konnten die ersten Exemplare gefunden werden.»

Wo lassen sich die Delikatessen finden?

«Ob man Morcheln findet oder nicht, hängt stark vom Wetter ab. Es darf weder zu kalt noch zu warm sein. Auch braucht es eine gewisse Feuchtigkeit des Bodens. Und der Boden darf nicht sauer sein, er sollte mehr kalkhaltig sein. Wenn irgendwo neu gebaut wurde und es sogenannten Rindenmulch gibt, dann kann es dort ein halbes bis zwei Jahre später Morcheln geben.

Häufig lassen sich die Pilze aber in Wäldern finden, dort wo es feucht ist. Wo es Eschen und Weisstannen hat. Oder in Auenlandschaften. Viele Sammler gehen Bach- oder Flussufern nach, zum Beispiel der Emme oder der Aare nach, um Morcheln zu finden. Ich selbst habe aber auch im Grauholzwald bereits schöne Exemplare gefunden.»

Kann jede/r Morcheln finden?

Es braucht gewissermassen schon ein ‹Morchelauge›. Aber ich bin auch schon oft falsch gelegen. Ich verwechselte schon das eine oder andere ‹Wurm-Häufchen› mit einer Morchel. Man muss einfach sein Auge auch ein wenig schulen. Wichtig ist es, den Blick langsam durch den Wald schweifen zu lassen. Manche nutzen auch einen Holzstecken, mit dem sie den Boden absuchen.

Die meisten Morchelsammler hüten aber ihre Plätze – das sind Geheimnisse. Ein Codex unter Pilzlern ist, dass wenn einer einem ein Platz verrät, geht man dort trotzdem nicht alles abgrasen. Oder nur mit Erlaubnis.

Können Morchel-Plätze auch verschwinden?

Ich habe einmal eine interessante Beobachtung gemacht. Ist schon etwas lange her. Im Grauholzwald hatte ich einen Morchel-Platz. 1999 fegte der Orkan Lothar über die Schweiz und das Bernbiet. Dieser war Schuld daran, dass viele Bäume entwurzelten. Waldarbeiter machten dann aus den umgefallenen Bäumen dort einen Stapel, wo die Morcheln sprossen. Diese Stämme waren etwa drei bis vier Jahre dort und als sie weggeräumt wurden, wuchsen tatsächlich wieder Morcheln.

Wie sieht es mit der Verwechslungsgefahr aus?

Die Morcheln haben ungeniessbare, zum Teil sogar giftige Doppelgänger: die Lorcheln. Die Lorcheln können ähnlich aussehen, (es gibt Stock-Lorcheln und Gift-Lorcheln) haben aber keine Löcher in ihren Hüten. Das Muster sieht eher hirnartig aus und sie sind in der Regel etwas grösser als Morcheln. Zudem wachsen die Stock-Lorcheln auf faulenden Baumstämmen. Die Morchel gedeiht auf dem Boden oder in Holzschnitzeln. Die Löcher in den Pilzhüten sind wabenartig.

Wenn man Bedenken hat, kann man bei den Pilzkontrollstellen anrufen und die Morcheln überprüfen lassen. Auch wenn die Stellen noch nicht offiziell offen haben. Die Morcheln sollten ausserdem nie ungekocht, also frisch, gegessen werden. Der Konsum ist zwar nicht tödlich, aber man kann für einen kurzen Moment Seh- oder Gleichgewichtsstörungen entwickeln.

Wie bereitet man die Morchel am besten zu?

Morcheln sollten unbedingt getrocknet beziehungsweise gedörrt werden, da sie dadurch ein köstliches Aroma entwickeln. Ich packe die Morcheln auf einen Dörrex. Bei 40 bis 45 Grad, nicht zu heiss. Anschliessend mache ich gerne eine feine Morchelsauce mit Rahm. Dazu breite Nudeln oder ein gutes Stück Fleisch – jeder wie er es gerne mag.

veröffentlicht: 30. März 2024 16:51
aktualisiert: 30. März 2024 17:54
Quelle: BärnToday

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