Tag der Arbeit

In Zürich und Basel wird demonstriert, im Mittelland gearbeitet – wieso eigentlich?

01.05.2023, 17:56 Uhr
· Online seit 01.05.2023, 16:40 Uhr
Die 1. Mai-Demonstrationen sind vielerorts berüchtigt, im Mittelland sind sie mau. Bei uns muss am Tag der Arbeit aber auch mindestens halbtags gearbeitet werden, in anderen Kantonen nicht. Was passiert eigentlich am 1. Mai und wieso haben gewisse Kantone frei?
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«Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!» Die berühmte Aussage von Karl Marx hat über einige Umwege zur Folge gehabt, dass in der Schweiz der Tag der Arbeit gefeiert wird. Die Ursprünge liegen aber in Nordamerika: Am 1. Mai 1886 rotteten sich dort Arbeiter zusammen und forderten den Acht-Stunden-Tag. Die Demonstrationen endeten blutig, die Sicherheitskräfte schossen auf die Masse. Aus Solidarität wurde infolgedessen der 1. Mai in vielen Ländern und Regionen zum Feiertag. So auch in einigen Kantonen der Schweiz. In den Kantonen Solothurn und Aargau ist der 1. Mai jedoch nur ein halber Feiertag, im Kanton Bern und vielen weiteren hingegen gar keiner. Feste finden vielerorts dennoch statt. Das sind die Gründe.

Nationaler Feiertag? Fehlanzeige!

Der 1. Mai ist in der Schweiz ein kantonaler und kein nationaler Feiertag. Das ist zwar nicht weiter überraschend, aber ein erster Grund, wieso man in vielen Kantonen nicht frei hat. Denn dafür hätten diese Kantone den Tag proaktiv als Feiertag einführen müssen.

In der Schweiz gibt es ohnehin nur einen einzigen nationalen Feiertag – den 1. August. Selbst Weihnachten, Neujahr und Ostern sind nicht national geregelt, aber alle Kantone haben sie als kantonale Feiertage anerkannt. Vor über 20 Jahren wollte eine Nationalrätin der SP den 1. Mai mittels eines Vorstosses zwar zum nationalen Feiertag erklären, sie scheiterte aber hochkant. Ihre Begründung, dass die Feiertagsregelung einheitlich werde, konnte nicht verfangen.

Tatsächlich ist die Schweiz am 1. Mai ein völliger Flickenteppich:

Ein Feiertag muss gemäss dem Gesetz nicht kompensiert werden, ein Ruhetag jedoch häufig schon.

Starke Arbeiterbewegung

Als der 1. Mai in den Kantonen zum Feiertag wurde, war die Wirtschaft noch eine ganz andere. Um 1900 gab es hauptsächlich Landwirtschaft und Industrie – und nur sehr wenige Dienstleistungsunternehmen. In den industriellen Kantonen war die Arbeiterbewegung viel stärker als in den landwirtschaftlichen. Diese kämpfte für ihre Rechte und hatte starkes Interesse an einem Tag der Arbeit. Heute haben viele jener Kantone frei. Etwa der Industriekanton Zürich oder auch das Tessin.

Dennoch wurde und wird am 1. Mai auch in Kantonen gefeiert, an denen der Tag kein Feiertag ist. Gemäss dem «Historischen Lexikon der Schweiz» bestanden die Feiern zum 1. Mai früher aus drei Teilen: aus einer Demonstration, einer Kundgebung auf einem Platz und einem anschliessenden Fest. Heute geben primär die Demonstrationen – genauer gesagt die Ausschreitungen danach – zu reden. Zu Festen und Platzkundgebungen kommt es aber nach wie vor an vielen Orten.

Maibaum

Das Fest, das nach der Demo am 1. Mai gefeiert wird, hat seine Ursprünge im Mittelalter. Schon vor 500 Jahren gab es in der Schweiz, Deutschland und Österreich an diesem Tag Feste. Diese standen jedoch unter einem anderen Vorzeichen, und zwar unter denen des «Maibaums». Beim heute vielerorts verschwundenen Brauch wurde im Dorfzentrum ein verzierter Baum aufgestellt und rundherum gefestet. Häufig «kämpften» benachbarte Dörfer dann auch um den Baum und wollten jenen des Nachbardorfes stehlen. Im Mittelland wird der Brauch mit den «Stäcklibuebe» und «Maitannli» in vielen Dörfern noch zelebriert.

Wir suchen die schönsten «Maitannli» aus der Region – schick uns dein Foto per Whatsapp (+41 79 455 57 56) oder Mail (32today@chmedia.ch).

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veröffentlicht: 1. Mai 2023 16:40
aktualisiert: 1. Mai 2023 17:56
Quelle: PilatusToday / 32Today

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