Die Listenverbindung zwischen der SVP des Kantons Solothurn und der corona-kritischen Bewegung Mass-Voll! hat eine gewisse Logik. Ein grosser Teil der Wählerschaft der SVP war in den letzten Jahren unzufrieden mit der Coronapolitik des Bundes. Diese Leute werden sich von der Verbindung nicht abschrecken lassen, Medien-Aufschrei hin oder her. Vielleicht werden andere sogar animiert, am 22. Oktober überhaupt wählen zu gehen, denn die SVP hat das grösste Potenzial bei jenen Leuten, die selten oder gar nicht wählen und abstimmen.
Welcher Effekt überwiegt an den Wahlen?
Dass auf der anderen Seite Wählerinnen und Wähler abgeschreckt werden, die dem politischen Zentrum zuneigen, ist klar. Welcher Effekt überwiegt, der negative oder der positive für die SVP, ist schwer zu sagen. Die beiden Solothurner SVP-Sitze im Nationalrat scheinen so oder so kaum gefährdet, auch wenn Zugpferd Walter Wobmann nicht mehr antritt.
Es ist auch eine Tatsache, dass Listenverbindungen ein Vehikel sind, damit Stimmen nicht «verloren» gehen. Bisher war vor allem die GLP in verschiedenen Kantonen dafür bekannt, keine Berührungsängste zu kennen und von ziemlich weit rechts bis ziemlich weit links mit allem zu kooperieren, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und das mit Erfolg – 2019 gab es in einigen Kantonen Sitzgewinne aufgrund solcher Listenverbindungen.
Auf der anderen Seite ist eine Listenverbindung mehr als nur Arithmetik. Sonst könnte die SVP auch mit den Grünen kooperieren oder die SP mit der FDP – was aber nie passiert. Eine gewisse politische Schnittmenge ist Voraussetzung für eine Listenverbindung.
Unberechenbare Aushängeschilder bei Mass-Voll!
Nachhaltiger und für die SVP schädlich könnte der Effekt sein, dass sie sich angreifbar macht auf kantonaler Ebene. Denn mit der Verbindung zur eigenwilligen Bewegung Mass-Voll! und seinem noch eigenwilligeren Vorkämpfer Nicolas A. Rimoldi begibt sich die Partei auf vermintes Gelände. Rimoldi dürfte bis zu den Wahlen noch für viele zweifelhafte Schlagzeilen sorgen. Kürzlich war er in Österreich auf einer Demo von Rechtsextremen. Dass die SVP nicht dasselbe wie Mass-Voll! ist, stimmt zwar, spielt aber in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle.
Der Schuss könnte nach hinten losgehen
Will die SVP im Kanton Solothurn aus ihrer ewigen Oppositionsrolle herauskommen und endlich einen Sitz in der Regierung oder im Ständerat erobern, dann könnte die Verbindung mit Mass-Voll! zum Bumerang werden. Bei Personenwahlen braucht es die Unterstützung der eingemitteten Wählerschaft. Die holt man nicht, wenn mit Bewegungen zusammengearbeitet wird, deren Chef sich in die Nähe von Extremisten begibt.
Die Mitte und die FDP, letztere ohnehin mit der SVP in herzlicher Feindschaft verbunden im Kanton Solothurn, werden sich auch künftig ihre Verbündeten häufig links holen. Die Solothurner SVP begibt sich in eine selbst gewählte Isolation.
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