Gantrisch

«Respekt gegenüber Landwirtschaft sinkt»: Bauernverband zu Mähdrescher-Hassschreiben

21.07.2023, 11:14 Uhr
· Online seit 21.07.2023, 10:28 Uhr
Nachdem ein Autofahrer einen Mähdrescher im Berner Gantrisch nicht hatte überholen können, schrieb dieser einen anonymen Hassbrief. Beim betroffenen Betrieb zeigt man sich schockiert. «Der Respekt gegenüber der Landwirtschaft nimmt massiv ab», so der Berner Bauernverband.
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«Hallo du elender Scheisskerl.» So beginnt ein Brief, der die Mähdrescherei Messerli GmbH in Rüeggisberg jüngst erhielt. Der Absender: anonym. Kurzerhand teilte das Unternehmen den Brief auf Facebook, über den die «Bauernzeitung» zuerst berichtete.

«Vielen Dank für die uns entgegengebrachte Dankbarkeit für die Ernte von Getreide für einheimische Produkte», schreibt es ironisch dazu. Und: «Es ist traurig und lächerlich, solche anonymen Briefe auf der Post zu erhalten.» Gerne würde man den Absender über die Arbeit des Unternehmens aufklären.

Im Schreiben lässt der anonyme Schreiberling seinen Frust an den Gantrischer Lohnunternehmern aus. Vergangenen Samstag wich offenbar ein Mähdrescher der Firma dem anonymen Schreiberling auf einer engen Landstrasse nicht aus. Dessen Auto sowie weitere Fahrzeuge hätten den Mähdrescher somit nicht überholen können und mussten offenbar hinterher schleichen.

Üble Beleidigungen gegen Bauern 

Bei diesem Vorwurf bleibt es allerdings nicht. Der unbekannte Verfasser geht weit unter die Gürtellinie und fährt den Bauern und Lohnunternehmern an den Karren. Begleitet wird die unflätige und beleidigende Sprache mit Rechtschreibfehlern.

Auf Anfrage von BärnToday will sicht das betroffene Unternehmen nicht weiter dazu äussern. Alles sei mit Facebook-Post gesagt – nun wünsche man sich, dass Ruhe einkehre. In den sozialen Medien trifft er offenbar auf einen Nerv: Innerhalb eines Tages wird er über 2000 Mal geteilt. Dem Lohnunternehmen schlägt eine Welle der Solidarität entgegen.

Respekt gegenüber Landwirtschaft nimmt ab 

Doch woher kommt dieser Frust gegenüber der Landwirtschaft? BärnToday hat bei Heinz Kämpfer, Vizepräsident des Berner Bauernverbandes, nachgefragt. Er sagt: «Mein Eindruck ist, dass der Respekt und das Verständnis gegenüber der Landwirtschaft in den vergangenen drei bis vier Jahren massiv abgenommen hat.»

Das zeige sich insbesondere bei Debatten um Biodiversität und Klimaschutz, aber eben auch auf der Strasse. «Mähdrescherfahrer geben sich in aller Regel Mühe, wenn möglich auszuweichen. Das ist aber nicht immer möglich.» Wenn Kämpfer privat als Autofahrer unterwegs ist, nerve es ihn, zwar auch mitschleichen zu müssen. «Doch das gehört auf Landstrassen nun mal dazu.»

Kämpfer sieht hinter diesen Entwicklungen ein gesellschaftliches Problem, das sich durch die Corona-Pandemie verstärkt hat. «Die gegenseitige Rücksichtnahme schwindet. Egoistisches Verhalten rückt in den Vordergrund.»

Was braucht es damit, die Landwirtschaft wieder mehr Respekt erfährt? «Informationskampagnen von allen Seiten», sagt Kämpfer vom Berner Bauernverband. «Wir müssen aufklären, was wir machen und warum wir unsere Arbeit so machen.»

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veröffentlicht: 21. Juli 2023 10:28
aktualisiert: 21. Juli 2023 11:14
Quelle: BärnToday

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