Experte schätzt ein

Pfotenabdrücke auf der Röti: «Es könnte ein Wolf sein – oder auch nicht»

· Online seit 07.01.2024, 11:29 Uhr
Diese Woche sorgte die Sichtung eines Wolfes im Kanton Solothurn für Schlagzeilen. Dieser hat in Balm bei Günsberg einen Schafsbock angegriffen und verletzt. Der Vorfall sorgt bei einigen Bewohnerinnen und Bewohnern der Region für Verunsicherung. Ein Experte ordnet ein.
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Es war ein Ereignis in Balm bei Günsberg, das die Anwesenden wohl nicht so schnell vergessen werden: Am Mittwochmorgen attackierte ein Wolf einen Schafsbock. Eine Zeugin informierte den für die 30-köpfige Herde zuständigen Landwirt. Zusammen mit anderen Beobachtern gelang es ihm, den Wolf mit Rufen zur Flucht zu bewegen.

Der Fall sorgt in Teilen der Bevölkerung für Verunsicherung und erhöhte Aufmerksamkeit: Eine Hörerin von Radio 32 hat auf der Röti Spuren entdeckt. Da diese ziemlich gross und keine menschlichen Spuren in der Nähe seien, vermutet sie dahinter einen Wolf.

Doch könnte es nicht ein grosser Hund gewesen sein? David Gerke ist Geschäftsführer der Gruppe Wolf Schweiz und ordnet die Spuren ein.

Handelt es sich bei diesen Bildern tatsächlich um die Spuren eines Wolfs?

David Gerke: Die Fotos zeigen Spuren eines grossen, hundeartigen Tieres. Allerdings sind nur einzelne Trittsiegel sichtbar. Anhand dieser kann man nicht sicher sagen, ob es sich um einen Wolf oder einen grossen Hund handelt. Es ist also möglich, dass es sich bei diesen Spuren um einen Wolf handelt, es ist aber nicht sicher. Die Fotos wurden in einem Gebiet mit vielen Wanderern aufgenommen, es kann also auch die Spur eines grossen Hundes sein.

Wo liegen die Unterschiede zwischen Wolfs- und Hundespuren?

Damit man eine Spur eindeutig einem Wolf zuordnen kann, muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein. Auf der einen Seite müssen die Trittsiegel eine gewisse Grösse haben. Es ist aber genau so wichtig, dass man die Schrittlänge beachtet. Die des Wolfs misst zirka 1,2 Meter. Man muss auch auf die Gangart achten. Da sprechen wir vom «geschnürten Trab». Wölfe gehen gerade und sehr zielstrebig, während Hunde mal links und mal rechts schnüffeln. Dann ist auch ganz wichtig, dass die Spur isoliert sein muss. Wenn die Spur in Begleitung einer Menschenspur ist, deutet das eher auf einen Hund hin.

Wenn ich vermute, Wolfsspuren entdeckt zu haben, muss ich dies melden?

Es besteht keine Meldepflicht, aber in einem Gebiet in dem der Wolf neu ist, ist es wichtig, dass man dies überprüfen kann. Eine Spurensichtung kann man dem Amt für Fischerei und Jagd melden. Eine Meldung ist wertvoll, damit man prüfen kann, ob wirklich ein Wolf im Gebiet ist.

Sind denn Wölfe im Jura etwas seltenes?

Die Zahl der Wölfe in der Schweiz nimmt zu, auch im Jurabogen. Im westlichen Schweizer Jura und im angrenzendem Französischen Jura gibt es mittlerweile fünf Wolfsrudel. Die Jungtiere verlassen das Rudel im Alter von ein- bis zwei Jahren und begeben sich auf Wanderschaft. Es sind genau diese Wölfe, die bei uns im Jura auftauchen können.
Es gibt aber keinen Wolfsbestand in unserer Region. Bisher waren es immer Einzeltiere, die sich nicht fortgepflanzt haben oder sesshaft wurden. Sie ziehen also bisher nur durch unsere Gegend. Es ist aber zu erwarten, dass in naher Zukunft auch Wölfe auftauchen, die hier bleiben werden.

Muss man sich als Mensch Sorgen machen?

Als Mensch muss man sich gar keine Sorgen machen. Man kann weiterhin ohne Angst auf dem Weissenstein schlitteln oder auf dem Balmberg wandern gehen. Vom Wolf geht für den Menschen keine Gefahr aus. Denn die Tiere greifen nicht einfach so an und sind eher schüchtern. Landwirte, vor allem Schaf- und Ziegenhalter, müssen sich aber um den Schutz ihrer Tiere kümmern. Dafür gibt es Elektrozäune oder Herdenschutzhunde. In unserer Gegend sind alle Weiden, in denen Schafe und Ziegen gehalten werden, grundsätzlich mit gut elektrifizierten Zäunen schützbar. Herdenschutz ist also möglich, es muss sich aber jetzt darum gekümmert werden.

veröffentlicht: 7. Januar 2024 11:29
aktualisiert: 7. Januar 2024 11:29
Quelle: 32Today

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