Gemeindewappen

Wie kommt ein Mohr auf das Wappen von Flumenthal?

· Online seit 06.05.2023, 11:30 Uhr
Jede Gemeinde in der Schweiz hat ein eigenes Wappen. Diese zeigen oft spezielle Symbole oder sie haben spannende Geschichten. Wir haben mit einem Historiker über ein paar besondere Gemeindewappen aus dem Mittelland gesprochen.
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Spätestens seit 1939 hat jede Schweizer Gemeinde ein eigenes Wappen. Diese wurden damals an der Landesausstellung in Zürich alle in einer besonderen Installation, einem Fahnenhimmel aufgehängt. Viele Ortschaften hatten vorher noch kein eigenes, individuelles Wappen. Andere wiederum haben Wappen mit einer langen Geschichte und mit speziellen Sujets drauf. Wir haben mit dem Historiker Christoph Rast aus Olten über ein paar besondere Gemeindewappen aus dem Kanton Solothurn gesprochen.

Flumenthal

Eine Besonderheit in der Region ist sicher das Wappen der Gemeinde Flumenthal. Es sei gerade in der heutigen Zeit ein besonders interessantes Wappen, erklärt Christoph Rast. In der Fachsprache werde das Wappen so beschrieben: «In Gelb, ein Mohrenhaupt mit weissem Stirnband und Kragen sowie roten Lippen». Es sei wohl ein Vogteiwappen gewesen und den Aposteln Peter und Paul gewidmet gewesen. Das Wappen habe also religiöse Hintergründe, erklärt Rast weiter. Die dargestellte Person auf dem Flumenthaler Wappen sei ziemlich sicher der heilige Mauritius. Das war ein römischer Feldherr. Er war der Anführer der thebäischen Legion, welcher auch Urs und Viktor, die beiden Stadtpatrone der Stadt Solothurn angehörten. Mauritius sei aber wohl kein Schwarzafrikaner gewesen, sondern ein dunkelhäutiger Araber, sagt der Historiker.

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Es gäbe für diese Erklärung aber keine Beweise oder Belege, sagt er weiter. Es kursieren deshalb auch noch andere Sagen und Geschichten zu diesem besonderen Wappen. Die Spekulationen reichen von Römern über Freiherren, die einen Diener bis nach Flumenthal hergebracht haben sollen bis zu den heiligen drei Königen. Gemäss dem Kulturzirkel Flumenthal stimme davon aber wohl das meiste nicht. Einzig die These vom Mohren als einer der Heiligen Drei Könige könne noch ernsthaft in Betracht bezogen werden. Die Bevölkerung hat sich in einer Gemeindeversammlung von 1940 offiziell für das Wappen mit dem Mohren entschieden.

Das Wappen sei in der heutigen Zeit nicht ganz unproblematisch, sagt Christoph Rast. Ohne das Wissen um den historischen Hintergrund wirke das Wappen heute schon nicht mehr ganz zeitgemäss, sagt er weiter. Das Wappen erinnere auf den ersten Blick eher an die Fasnacht als an einen historisch, religiösen Hintergrund. Er gehe deshalb davon aus, dass man da in absehbarer Zeit etwas machen müsse. Er sei sehr gespannt und werde aufmerksam verfolgen, was die Gemeindebehörden von Flumenthal hier machen werden, so Christoph Rast.

Herbetswil und Aedermannsdorf

Nicht immer kann man die Geschichte und die Symbolik der Gemeindewappen genau und eindeutig erklären. Zu den Wappen der Gemeinden Herbetswil und Aedermannsdorf im Thal gibt es zum Beispiel zwei mögliche Erklärungen: eine militärische und eine religiöse. Welches die richtige sei, könne er auch nicht sagen, so Christoph Rast.

«Militär verbindet», sagt man in der Schweiz. So scheint es auch im Thal zu sein. Die Gemeinden im Thal bildeten vor der Vereinheitlichung der Armee die vierte und fünfte Kompanie der ehemaligen Solothurner Milizarmee. Die Nummer Fünf, die die Kompanie beflaggt hatte, ist noch heute auf den Wappen der Gemeinden Herbetswil und Aedermannsdorf zu finden: Sie zeigen einen Winkel, der im Wappen von Herbetswil in schwarzer Farbe auf rotem Grund abgebildet ist. Das Wappen von Aedermannsdorf zeigt einen roten Winkel auf weissem Grund. Dieser Winkel könnte einen Teil der Zahl Fünf darstellen.

Eine andere mögliche Erklärung liefert der Historiker. Das Winkelmass sei das Attribut des Apostels Thomas gewesen. Dieser sei eine sehr wichtige Figur in der Bibel, da er seinen Glauben und die verschiedenen Ereignisse des frühen Christentums immer wieder in Frage gestellt habe. Er ging deshalb als «Thomas der Zweifler» oder «Thomas der Ungläubige» in die Kirchengeschichte ein und er war immer ein Vorbild für die «leichtgläubigen» Christen, welche mit ihrem Glauben zeitweilig Mühe bekundeten. Warum dieses Winkelmass vom Apostel Thomas aber auf den Wappen der beiden Thaler Gemeinden abgebildet ist, kann Christoph Rast auch nicht genau sagen.

Matzendorf und Laupersdorf

Auch auf dem Wappen von Matzendorf sind Winkel zu sehen. Dargestellt sind zwei übereinander gekreuzte Winkel in Weiss und Blau. Auch hier hat der Historiker keine genaue, belegbare Erkärung für diese Darstellung und für die Hintergründe.

Einfacher ist es beim Wappen der Gemeinde Laupersdorf. Diese zeigt eine weisse Acht auf rotem Grund und hier sei der militärische Bezug klar, erklärt Christoph Rast. Das Dorf gehörte zur vierten Kompanie des zweiten Regimentes der Solothurner Milizarmee. Die Vier wurde zu dieser Zeit wie eine unten offene Acht geschrieben. Aus dieser Schreibweise hat sich mit der Zeit eine Acht ergeben.

Du kennst noch andere spezielle Gemeindewappen? Schreib sie uns in die Kommentare.

Im zweiten Teil unserer Wappenkunde werden wird uns mit den Gemeindewappen von Langendorf, Olten, Etziken und Rickenbach beschäftigen.

veröffentlicht: 6. Mai 2023 11:30
aktualisiert: 6. Mai 2023 11:30
Quelle: 32Today

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