Mittelland

Woher kommt in der Schweiz der Brauch der Räbeliechtli-Umzüge?

Laternen aus Rüben

Laterne, Mond und Sterne: Woher kommt der Brauch der Räbeliechtli-Umzüge?

07.11.2023, 17:25 Uhr
· Online seit 07.11.2023, 16:00 Uhr
Schon bald ziehen wieder Kinder mit selbst geschnitzten Räbeliechtli durch die Strassen. Doch woher kommt der Brauch? Wieso sind es gerade Herbstrüben? Worin Räbeliechtli-Umzüge sogar Weltrekorde brechen, haben wir herausgefunden.
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Inzwischen kann man sie wieder zuhauf an den Gemüseständen finden: Violette und gelbe Räbenknollen. Denn bald sind wieder Räbeliechtli-Umzüge. Für gewöhnlich finden sie in den ersten zwei Novemberwochen statt.

Eine beliebte, generationenübergreifende Aktivität, die zur Vorbereitung für den Umzug gehört, ist das Räbeliechtli-Schnitzen. Die Knollen werden ausgehöhlt um anschliessend ein Sujet in die Haut der Räbe zu schnitzen. Beliebte Sujets sind die in den Liedern besungenen Sonne, Mond und Sterne. Mit drei Schnüren und einer Kerze, entsteht aus der verzierten Knolle eine Laterne, ein Räbeliechtli.

Im Mittelalter undenkbar

Doch woher kommt der Brauch? Seit wann gibt es ihn? «Der Brauch besteht seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Schweiz», sagt Mischa Gallati gegenüber Blick. Der Kulturwissenschaftler und Brauchtumsforscher an der Uni Zürich glaubt, dass Räbeliechtli-Umzüge früher eine religiöse Bedeutung hatten, ähnlich wie Halloween in den USA.

Klar ist: Dieser Brauch ist noch nicht besonders alt. Denn in den Jahren vor 1850 galt eine Herbstrübe noch als Grundnahrungsmittel. Es wäre undenkbar gewesen, wichtige Nahrung, die mit Kartoffeln verglichen wurde, in Laternen umzufunktionieren. Der Brauch entstand erst, nachdem die Räbe ihre Bedeutung als Grundnahrungsmittel verloren hatte.

Dem heiligen Martin von Tours gewidmet

Das Datum der Räbeliechtli-Umzüge ist kein Zufall. Am 11. November ist der Martinstag, die Umzüge finden um diesen Tag verteilt statt. Normalerweise am zweiten Samstag im November, welcher dieses Jahr genau auf den Martinstag fällt. Der Tag symbolisiert das Ende der Erntezeit und den Beginn der Fastenzeit in Europa. Die ursprüngliche Bedeutung hat sich jedoch in der verändert.

Heute sind es vor allem Kinder, die mit ihren Eltern und Grosseltern mit Räbeliechtli, um die Häuser ziehen. Aus dem alten Brauch, wurde ein spannender Anlass für unsere Kleinsten. Viele, die als Kind bei einem solchen Umzug dabei waren, werden sich auch noch als Erwachsene daran erinnern, wie sie das erste mal mit ihrer Laterne und Lieder singend durch die neblige Dunkelheit geschritten sind.

Lebendige Tradition und Weltrekord

Durch die brennende Kerze scheint das Licht durch die geschnitzten Stellen nach draussen und die Sujets werden erkennbar. Weil durch die starke Strassenbeleuchtung der Anblick gestört wird, gibt es Gemeinden, die extra für die Umzüge die Strassenlaternen vorübergehend ausschalten. Dabei werden Lieder gesungen wie «Ich geh’ mit meiner Laterne» oder «Rääbeliechtli, wo gasch hii?». Nach dem Umzug werden die Laternen ins Fenster gestellt, bis die Kerze heruntergebrannt ist.

Besondere Aufmerksamkeit erhält der Brauch in der Gemeinde Richterswil im Kanton Zürich. Dort finden die grössten Räbeliechtli-Umzüge der ganzen Schweiz statt. Mit jährlich rund 30 Tonnen Räben und bis zu 52'000 Kerzen ist dies laut dem «Guinness-Buch der Rekorde» der grösste Umzug seiner Art. Die Unesco hat die «Räbechilbi» in Richterswil zur Liste der lebendigen Schweizer Traditionen hinzugefügt.

Hier findest du einige Impressionen des grössten Räbeliechtli-Umzugs der Schweiz in Richterswil

veröffentlicht: 7. November 2023 16:00
aktualisiert: 7. November 2023 17:25
Quelle: 32Today

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