Aus Lukaschenkos Geheimpolizei

Ehemaliger Soldat liess Politiker verschwinden – jetzt steht er in St.Gallen vor Gericht

· Online seit 16.09.2023, 11:40 Uhr
Der 45-Jährige diente vor Jahren in einer weissrussischen Spezialeinheit, die Oppositionelle verschwinden liess. Nun kämpft er gegen das Regime und steht in St.Gallen vor Gericht.
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Es ist ein Straftatbestand, der in der Schweiz noch nie zur Anwendung gekommen ist: Verschwindenlassen. Am Dienstag steht der 45-jährige Juri Garawski deswegen vor dem Gericht in St.Gallen.

Als damals 20-Jähriger diente Garawski in einer weissrussichen Sondereinheit mit der Abkürzung «SOBR», wie das «St.Galler Tagblatt» schreibt. Damals verwandelte sich das Land unter Präsident Alexander Lukaschenko in eine Diktatur. Er schaltete die Opposition aus, indem er die wichtigsten Politiker verschwinden liess. Garawski gehörte gemäss der Zeitung zur Truppe, welche die Drecksarbeit erledigte.

Drei Politiker entführt

«Ich fühle mich ungerecht behandelt. Ich versuche zu helfen, ein Verbrechen aufzuklären, und gehe dafür ein grosses Risiko ein. Für mein Geständnis gilt in Weissrussland die Todesstrafe», sagt er in einem Interview gegenüber dem St.Galler Tagblatt. Die drei Morde täten im Leid.

Er führte mehrere Befehle seines Kommandanten Dmitri Pawlitschenko in der Sondereinheit durch und entführte drei Politiker, welche anschliessend erschossen wurden.

Später sei Garawski bewusst geworden, dass dies nicht richtig war. Gegenüber dem St.Galler Tagblatt erklärt er, dass er in die Schweiz geflohen sei und im Asylprozess dem Kanton St.Gallen zugeteilt worden war. Deshalb steht er in St.Gallen vor Gericht.

Dreijährige Freiheitsstrafe beantragt

Es sei das erste Mal, dass ein Gericht ein wichtiges Kapitel in der Geschichte Weissrusslands untersuche. Bis heute würden die Umstände als ungeklärt gelten, unter denen die Oppositionellen damals verschwanden.

Die St.Galler Staatsanwaltschaft beantrage für Juri Garawski eine dreijährige Freiheitsstrafe. Davon müsste er ein Jahr im Gefängnis absitzen. Der Staatsanwalt sei sich aber selber nicht hundertprozentig sicher, ob Garawskis Geschichte stimme. Deshalb stelle er die Richter vor die Wahl.

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veröffentlicht: 16. September 2023 11:40
aktualisiert: 16. September 2023 11:40
Quelle: St.Galler Tagblatt / Andreas Maurer und Olga Kuck

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