Gegenteil von Chiesa

Finito Ticino? Neuer SVP-Chef Dettling kann kein Italienisch

26.03.2024, 06:49 Uhr
· Online seit 26.03.2024, 05:51 Uhr
Unverblümt sagte der neue SVP-Präsident Marcel Dettling, dass er kein Italienisch könne. Sein Vorgänger war das pure Gegenteil. Politanalyst Mark Balsiger erklärt, was dies für die Zukunft der Partei bedeutet.

Quelle: Keystone-SDA / CH Media Video Unit / Linus Bauer

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Bereits nach der Anrede war beim frischgebackenen SVP-Präsidenten finito. «Cari amici ticinesi – jetzt ist Schluss», sagte Marcel Dettling am Tag seiner Wahl. Mehr könne er nicht, es tue ihm leid, entschuldigte sich der Schwyzer Nationalrat bei den Tessinerinnen und Tessinern lachend. Er wolle auch in Zukunft kein Blender sein. «Ich stehe dazu, was ich kann und was ich nicht kann. Und leider kann ich kein Italienisch.»

Damit unterscheidet sich Dettling komplett von seinem Vorgänger. Mit Marco Chiesa stand seit 2020 erstmals ein Tessiner an der Spitze der SVP. Mindestens zu Beginn seines Amts befand er sich in einer ähnlichen Lage wie sein Deutschschweizer Nachfolger: Er sprach kaum Deutsch. Doch er arbeitete daran. Er übe drei Stunden lang pro Woche per Online-Fernkurs Deutsch, sagte Chiesa Ende 2023 in einem Interview mit «CH Media».

Französisch parliert Marcel Dettling hingegen, wie eine Reportage des welschen TV-Senders RTS beweist. Ob er auch Italienisch lernen will, bleibt unklar. Dettling war auf Anfrage nicht erreichbar.

«Er würde Sympathiepunkte holen»

Politanalyst Mark Balsiger rät dem neuen Präsidenten, Italienisch zu lernen und beim Französisch, das er dank eines Aufenthalts in der Romandie solide spreche, dranzubleiben. «Es kommt sehr gut an, wenn Spitzenfiguren in der Politik in mehreren Landessprachen verhandlungssicher sind», sagt er zu Today. Dies erlaube ihnen zum Beispiel, in den grossen Polit-Sendungen in Fernsehen und Radio überzeugend aufzutreten. Auch hätten sie im Bundeshaus einen Bonus, wenn sie sich mit den Medienschaffenden in deren Muttersprache unterhalten könnten.

«Wenn Marcel Dettling bei einer kantonalen Veranstaltung im Tessin zu Besuch wäre und frei Italienisch reden könnte, würde er Sympathiepunkte holen», sagt Balsiger. Dass mit dem Schwyzer nun sprachlich und kulturell das pure Gegenteil von Marco Chiesa an der Spitze ist, sieht der Politanalyst aber nicht als Nachteil für die Partei. Die SVP sei in der Deutschschweiz am stärksten verwurzelt. «Die Tessinerinnen und Tessiner wiederum haben eine sehr hohe Sprachkompetenz.» Die Menschen dort wüssten, dass sie entweder fliessend Französisch oder Deutsch sprechen müssten, um im grossen Teil der Schweiz verstanden zu werden.

«Sein Charisma wird bis in den Süden der Alpen reichen»

Marco Chiesas Tessiner Herz blutet nicht. «Marcel wird ein sehr guter Präsident sein. Sein Charisma wird bis in den Süden der Alpen reichen», sagt er auf Anfrage. Dettling kenne die Probleme des Tessins. «Ich werde ihm immer zur Verfügung stehen, um unsere Werte voranzubringen, die viele Tessiner teilen.»

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Chiesa hält die sprachlichen Kompetenzen für wichtig. «Aber genauso wichtig ist die Qualität der Person. Marcel ist nicht nur ein sehr guter Politiker, sondern auch eine grossartige Person und wird sicher die Herzen der Tessiner gewinnen können.» Italienisch müsse er nicht lernen. Da könne er auf einen Tessiner Ständerat und zwei Tessiner Nationalräte zählen.

So gut beherrschen Chefs von FDP und SP Landessprachen

FDP-Parteipräsident Thierry Burkart sieht das weniger locker. «Für einen Parteipräsidenten ist das Beherrschen der Landessprachen wünschenswert», sagt er zu Today. So könne man auch die jeweilige Kultur der anderen Landesteile besser verstehen. Eine absolute Voraussetzung dafür sei es aber nicht.

Burkarts Vater stammte aus Italien. «Ich verstehe der Linie nach Italienisch, spreche es aber nicht», sagt der Parteipräsident. Eine weitere Landessprache beherrscht er aber. «Ich spreche Französisch.»

Auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist dieser Sprache mächtig. Er wuchs zweisprachig auf. Italienisch versteht er laut seinem Lebenslauf mündlich und schriftlich. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer beschreibt ihr Französisch mit «gute Kenntnisse». Italienisch erwähnt sie in ihrem Lebenslauf nicht.

veröffentlicht: 26. März 2024 05:51
aktualisiert: 26. März 2024 06:49
Quelle: ZüriToday

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