«Anonymes Kaufen»

Schweizer kaufen online mehr Alkohol – das sagt eine Suchtberaterin

· Online seit 06.10.2023, 05:51 Uhr
In Onlineshops landet immer mehr Alkohol im Warenkorb. Was heisst das für Menschen mit einer Sucht? Laut einer Suchtberaterin ist Alkohol noch immer die Droge Nummer eins in der Schweiz. Das anonyme Kaufen im Onlineshop dürfte dies nicht verbessern.
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Längst gehen nicht mehr alle Schweizerinnen und Schweizer mit der «Poschti»-Tasche für ihren Wocheneinkauf in die Migros oder in den Coop. Lebensmittel lassen sich auch übers Smartphone bestellen, einige davon beispielsweise bei Digitec Galaxus oder Brack. 

Beide Onlineshops melden gestiegene Verkaufszahlen. Bei Galaxus ist der Konsum von Whisky, Gin oder Rum in diesem Sommer um über 40 Prozent gestiegen gegenüber dem letzten Sommer. Dabei wurden die Monate von Mai bis September berücksichtigt. Das beliebteste Getränk bei der Galaxus-Kundschaft war Bier, gefolgt von Schnaps, Whisky und Rotwein.

Alkoholfreie Alternativen von Gin, oder Rosé wurden jedoch weniger verkauft – um 14 Prozent sind die Verkäufe hier gesunken. Einzig das alkoholfreie Bier landete öfter im Warenkorb. Dort stiegen die Verkäufe um 17 Prozent.

«Droge Nummer eins in der Schweiz»

Andere Zahlen zeigt Brack auf Anfrage der Today-Redaktion. Hier gab es mehr Verkäufe von alkoholfreien Weinen (+27 Prozent) oder Spirituosen (+26 Prozent). Aber auch Schaumweine, Apéretifs oder Likör mit Alkohol wurden öfter gekauft.

Alkohol aus dem Onlineshop klingt verlockend und einfach. Doch was sagt eine Suchtberaterin dazu? «Alkohol ist immer noch die Droge Nummer eins in der Schweiz und sehr verankert in unserer Kultur», sagt Tanya Mezzera. Sie ist Bereichsleiterin bei der Suchtberatung «ags» in Lenzburg und Wohlen.

Mezzera fügt an: «Je mehr angeboten wird, desto tiefer ist die Schwelle, dass etwas gekauft wird.» Solche Angebote seien vor allem für Personen gefährlich, die zu risikoreichem Konsum neigen.

«Der Bezug ist zudem anonymer und je nachdem kommen auch Jugendliche oder Kinder an die Waren», sagt Mezzera. Die Alterskontrolle sei teilweise auch in den Läden anspruchsvoll. Galaxus schreibt zum Test des Blauen Kreuzes: «Unser System verhindert den Alkoholkauf durch Minderjährige zuverlässig. Alle sechs Testkäufe scheiterten!»

Pro-Kopf-Konsum sinkt, Abhängigkeit bleibt

In der Schweiz haben 250'000 bis 300'000 Personen eine Alkoholabhängigkeit. Obwohl der Pro-Kopf-Konsum von Alkohol in der Schweiz sinkt, bleibt diese Zahl konstant. Eine Verhältnisprävention verhindere dies am effektivsten. «Das heisst, es müssen Verhältnisse verändert werden, wie Alkohol verfügbar ist. Wenn man das so verändert, dass der Verkauf reduziert wird, hat das einen Effekt auf die Anzahl Personen, die Alkohol trinken», erklärt Mezzera.

Mezzera spekuliert über die Digitalisierung als Grund für gestiegene Einkäufe in Onlineshops. Besonders seit der Pandemie sind die Onlinekäufe von Lebensmitteln gestiegen. «Konsumenten erzählen mir, dass sie mit den Lebensmitteln auch gleich Alkohol im Onlineshop bestellen.» Zudem sei die Gefahr, dass mehr Personen konsumieren, grösser, wenn die Preise tiefer sind.

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veröffentlicht: 6. Oktober 2023 05:51
aktualisiert: 6. Oktober 2023 05:51
Quelle: Today-Zentralredaktion

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