Littering an der Aare

«Einweggrills sind die dümmste Erfindung»

29.06.2023, 14:30 Uhr
· Online seit 29.06.2023, 06:43 Uhr
Seit 20 Jahren kämpfen die Solothurner Gemeinden an der Aare und Emme gegen Littering. Mit mässigem Erfolg. Wo liegen die Probleme? Und wo liegen die Lösungen? Eine Übersicht.

Quelle: 32Today / Jael Fischer / Selina Koch / Dominik Lüdi

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55'000 Liter Abfall – so viel Müll wird jährlich im Schnitt an der Aare und Emme im Dreieck Grenchen, Solothurn und Gerlafingen eingesammelt. Würde man die Säcke stapeln, wären sie doppelt so hoch wie der Eifelturm. Das Aufräumen gibt jährlich etwa 1'880 Stunden Arbeit.

Mehr Auto bedeutet mehr Müll

Alle, ob Jung oder Alt, werfen gleichermassen Müll weg. Warum die Leute ihren Abfall in der freien Natur entsorgen, lässt sich auch nach 20 Jahren nicht eindeutig sagen. Sicher ist es eine Minderheit, die für die grosse Sauerei sorgt.

Was sich aber sagen lässt: An Orten mit einer Zufahrt für Autos ist das Littering-Problem deutlich grösser. Der Beweis: «Im ‹Bettle-Rank› wurde die Zufahrt für Autos vor ein paar Jahren gesperrt. Seither gibt es dort viel weniger Littering-Probleme», sagt Biologe Martin Huber, der die Littering-Prävention seit 20 Jahren begleitet. «Wenn der Zugang mit dem Auto fehlt, gibt es weniger grosse Menschenansammlungen, und das wirkt sich positiv aus. Wir haben zudem festgestellt, dass Velofahrer ihren Müll tendenziell häufiger mit nach Hause nehmen.»

Problemfall Einweggrills

«Die Einweggrills sind meiner Meinung nach die dümmste Erfindung, die man machen konnte», so Martin Huber. Die Einweggrills aus Alu sind für eine einmalige Verwendung konstruiert worden. Würden sie von den Leuten fachgerecht entsorgen, wäre alles gut. Doch weil sie nach dem Gebrauch noch lange heiss sind, werden sie oft liegen gelassen.

Das Aufsammeln des Mülls lohne sich aber definitiv, denn es ergebe sich dadurch eine präventive Wirkung. «An sauberen Ufern wird weniger Abfall liegen gelassen, weil die Hemmschwelle grösser ist.»

Die Polizei-Uniform ist ein Problem 

«Wenn die Menschen uns in Uniform sehen, lässt niemand den Müll liegen. Doch wenn wir weg sind, ist das Gegenteil der Fall», erklärt Ruedi Christ von der Kantonspolizei Solothurn. Ob sich das Littering-Problem in den letzten Jahren verbessert hat, sei schwierig objektiv zu messen. «Persönlich habe ich aber das Gefühl, dass es entlang der Aare besser geworden ist. Deshalb blicke ich positiv in die Zukunft.»

Ranger werden nur ausgelacht

Es gab die Idee, mit sogenannten Rangern aus dem Gemeinden zu arbeiten, um das Abfallproblem in den Griff zu kriegen. Doch das sei nicht zielführend, sagt Roger Siegenthaler, Präsident der Repla, einem Zusammenschluss der betroffenen Gemeinden an der Aare und Emme. «Die Ranger werden grösstenteils nur ausgelacht, weil sie nicht Ernst genommen werden. Gerade bei grösseren Gruppen, die an der Aare feiern. Es ist sehr unangenehm für die Gemeindearbeiter, deshalb wünschen wir uns, dass sich die Kantonspolizei dieser Aufgabe widmet.»

Mehr soziale Kontrolle wäre gefragt

Eigentlich ist Littering auch im Kanton Solothurn ein Straftatbestand. Das weiss niemand besser als Stefan Gyr von Amt für Umwelt. Er hofft auf die Mithilfe der Bevölkerung und mehr soziale Kontrolle. Diese sei früher besser gewesen.

Allerdings werden nur selten solche Littering-Bussen ausgesprochen, wie Ruedi Christ von der Kantonspolizei bestätigt. «Die meisten Bussen in der Witi verteilen wir wegen Hunden, die nicht an der Leine geführt werden oder Fahrzeugen, die das Fahrverbort missachten.»

Zigistummel sind am mühsamsten

Einweggrills sind aber bei weitem nicht das einzige Problem, erklärt Christoph Kölliker, Betriebsleiter der Firma Pro Work AG in Grenchen. Sie stellt Leute, die den Abfall einsammeln. Kleine Gegenstände machten die grösste Arbeit. «Neben versenkten Einkaufswägelchen in der Aare sind Zigarettenstummel die mühsamsten Gegenstände. Die kleinen Dinger aufzulesen braucht sehr viel Zeit».

Das Einsammeln von Abfällen sei im Beschäftigungsprogramm aber eine der beliebtesten Aufgaben, weil es körperlich keine schwere Arbeit sei: «Wir haben Teilnehmende, die nur für diese Arbeit im Einsatz sind.» Sie seien hauptsächlich zwischen Bettlach und Büren an der Aare unterwegs.

Interessant ist auch. dass nicht nur im Sommer viel Müll am Aareufer herumliegt, sondern auch im Winter. «Im Winter haben wir die Möglichkeit, den Müll aus den kahlen Gebüschen herauszupicken, die das Laub verloren haben», so Kölliker. Im Winter wird so etwa die gleiche Menge gesammelt wie im Sommer.

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veröffentlicht: 29. Juni 2023 06:43
aktualisiert: 29. Juni 2023 14:30
Quelle: 32Today

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