Frau Schönmann, wann haben Sie von den Plänen des Kantons erfahren?
Vor weniger als zwei Wochen. Am Freitag, 2. Juni nach dem Mittag habe ich ein Telefon des Leiters des Amts für Integration erhalten. Dieser hat mir dann die Pläne des Kantons Bern mitgeteilt.
Wie haben sie auf diese Nachricht reagiert?
Ich war extrem überrascht und ehrlich gesagt auch wütend, dass bereits alles entschieden wurde und wir als Gemeinde gar nichts mehr dazu zu sagen haben. Es ist ein privater Vermieter, der das Restaurant an den Kanton vermietet, darum sind uns die Hände gebunden. Ich war sehr vor den Kopf gestossen, dass wir nicht einmal vorinformiert wurden.
Was bedeutet dieser Entscheid nun für die Gemeinde?
Für den Ortsteil Wolfisberg ist die Herausforderung natürlich gross. Auf drei Einwohnerinnen kommen neu zwei Asylsuchende dazu, das ist eine riesen Menge. Für die Gemeinde Niederbipp ist das Ganze auch finanziell eine Herausforderung. Wir tragen die Kosten für das Angebot in der Schule und auch für die Integration der Asylsuchenden. Bei den Personen, die in Wolfisberg einquartiert werden, handelt es sich gemäss Kanton um Menschen, die in der Schweiz bleiben dürfen.
Das neue Schuljahr beginnt schon bald, kann Niederbipp die zusätzlichen Schülerinnen und Schüler so kurzfristig in die Klassen integrieren?
Das macht uns schon Kummer. Es ist extrem kurzfristig. Zudem haben wir wie vielerorts auch bei uns zu wenig Lehrpersonen. Wir haben im Moment gerade einen Wechsel in der Schulleitung – die neue Gesamtschulleiterin beginnt erst im kommenden Februar. Uns fehlen die Klassenlehrer und auch der nötige Schulraum, nach den Sommerferien beginnt zudem die Sanierung der Oberstufe. Wir platzen bereits jetzt aus allen Nähten und sind am Anschlag. Wir wissen auch nicht, wievielte Kinder effektiv kommen werden. Wir rechnen aktuell mit zehn bis 20 Kindern, die laufend dazukommen werden.
Wie haben die Anwesenden gestern an der Gemeindeversammlung auf die Nachricht reagiert?
Sie waren genau wie wir im Gemeinderat auch schockiert von der Nachricht. Es gab viel Unverständnis, Sorgen und Ängste. Wichtig ist mir auch zu sagen, dass wir nichts gegen Asylsuchende haben, unser Problem ist vielmehr, dass man uns das ganze einfach vor die Füsse wirft und sagt ‹Es ist jetzt einfach so und ihr müsst das tragen›".
Lässt sich das Ganze noch verhindern?
Ich bin überzeugt, dass das nicht möglich sein wird. Wir haben von der Gemeinde aus bereits alle möglichen Abklärungen getroffen. Und diese zeigen: Der Kanton Bern darf das. Wir können rechtlich nichts unternehmen, da die Liegenschaft privat vermietet wird und nicht der Gemeinde gehört. Mir ist auch bewusst, dass der Kanton ein Problem hat und dringend Plätze für die Asylsuchenden finden muss.
Was tun Sie jetzt?
Es geht für uns nun vor allem darum zu schauen, dass der Kanton all seine Versprechen für Unterstützung auch einhält, gerade wenn es ums Finanzielle geht. Da werden wir auf die Hinterbeine stehen.
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