Mittelland

In Deitingen wohnen Verwahrte in einer Wohnung – was bringt die «Knast-WG»?

Hinter Gitter

Was bringt die «Knast-WG» in Deitingen?

21.11.2023, 17:22 Uhr
· Online seit 21.11.2023, 16:43 Uhr
Seit mehreren Jahren wohnen im früheren Direktorenhaus der JVA Solothurn sechs verwahrte Straftäter. Die «Gefängnis-WG» ist ein Pilotprojekt, um Insassen in Verwahrung ein möglichst menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
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Wie für diese Menschen der weitere Aufenthalt in Gefängnissen möglichst menschenwürdig gestaltet werden kann, ist eine Frage, die die Justiz seit Jahren beschäftigt. Man müsse den Gefängnisbetrieb von den Verwahrten trennen und ihnen ein normales Leben ermöglichen, erklärt Charles Jakober, der Direktor der JVA Solothurn, gegenüber dem SRF Regionaljournal Solothurn-Aargau.

Die JVA Solothurn in Deitingen startete vor drei Jahren einen Versuch, um das Leben der Verwahrten hinter Gitter zu erleichtern. Dieser Versuch ist nun zu einem fixen Angebot geworden.

Knast-WG mit Küche und Bad

Im ehemaligen Direktorenhaus, innerhalb der JVA, wohnen sechs Straftäter zusammen in einer WG. Diese dürfen von Privilegien profitieren, die für normale Häftlinge undenkbar wären. Die WG-Bewohner haben anstelle von Gefängniszellen richtige Zimmer, die sie auch selbst einrichten können. Die Fenster sind aber vergittert. Sie dürfen ihre Freizeit nach dem Feierabend selbst gestalten, telefonieren, kochen und waschen, wann sie wollen. Sogar im Internet surfen ist den Verwahrten unter Aufsicht erlaubt.

Zudem dürfen sie selbst bestimmen, wo sie arbeiten möchten. Die Häftlinge werden jedoch ständig überwacht und müssen Regeln befolgen, damit sie in der WG bleiben dürfen. So haben die Bewohner Ämtli wie kochen oder putzen. Zwei Häftlinge mussten die WG auch wieder verlassen, weil sie sich nicht an die Regeln gehalten haben, sagt einer der Bewohner gegenüber dem SRF.

WG bleibt ein Privileg für wenige Verwahrte 

«Innerhalb des Gefängnis sind wir privilegiert», sagt WG-Bewohner Marcel (Name geändert) gegenüber SRF. Er selbst ist wegen Mordes bereits seit fast 25 Jahre hinter Gitter. Seine Strafe ist abgesessen, aber wegen einer hohen Rückfallgefahr bleibt er in Verwahrung. Auch andere der WG-Bewohner äussern sich positiv über das Projekt. Man geniesse die Ruhe, die Sauberkeit und die Freiheiten, die man im normalen Vollzug nicht hat, sagt ein weiterer Verwahrter. Einer findet sogar, dass ein solches Angebot für alle Menschen in Verwahrung gemacht werden sollte.

Ein Wunsch, der sich wohl nicht so schnell umsetzen lässt. Es werde nie die Möglichkeit für alle Verwahrten geben, in so einer WG zu leben. Zum einen seien nicht alle dazu in der Lage, in einer WG zu leben, zum anderen aus finanziellen Gründen. Denn pro Tag kostet ein solcher WG-Platz rund 600 Franken, das Doppelte der Kosten von einem normalen Häftling. Bei sechs WG-Bewohnern kommt so täglich ein Betrag von 3600 Franken zusammen.

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veröffentlicht: 21. November 2023 16:43
aktualisiert: 21. November 2023 17:22
Quelle: 32Today

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