Todesfälle

Sind kostenlose Promilletaxis auch in der Schweiz denkbar?

10.08.2023, 14:08 Uhr
· Online seit 09.08.2023, 18:02 Uhr
Statt sich unter Alkoholeinfluss ans Steuer zu setzen, sollen die Menschen mit einem Taxi nach Hause gebracht werden und das gratis. In Italien läuft ein entsprechendes Pilotprojekt an. In der Schweiz sieht es dafür schlecht aus.
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Immer wider ereignen sich im Strassenverkehr schwere Unfälle in Folge von Alkoholkonsum. Wie der Touring Club Schweiz (TCS) Ende letzten Jahres schrieb, stieg die Zahl der alkoholbedingten Strassenverkehrsunfälle im Jahr 2021 im Vergleich zu 2020 von 3‘758 im Vorjahr auf 3‘815. Bei 364 Unfällen wurden Menschen schwer verletzt, 15 davon kamen ums Leben.

Clubs erhalten Geld für Feier-Taxis

Auch in anderen Ländern sind Menschen, die unter Einfluss von Alkohol Auto fahren, ein Risiko. Um die Zahl der Verkehrstoten zu senken, startet zum Beispiel Italien eine Testphase mit kostenlosen Promilletaxis für Feiernde.

Bei dem Pilotprojekt arbeitet die italienische Regierung mit sechs Discotheken zusammen. Das Projekt soll bis Mitte September andauern, wie verschiedene Medien berichten. Vor den Clubs sollen Taxis oder Shuttlebusse zur Verfügung stehen, die die Gäste, welche nicht mehr fahrtauglich sind, nach Hause bringen. Für die Kosten der Promilletaxis soll den Clubs finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Für die Schweiz undenkbar

Für Politikerinnen und Politiker in der Schweiz ist klar, dass das zur Verfügung stellen von Gratis-Taxis und Shuttles nicht Aufgabe des Bundes ist. «Zudem müsste nicht nur der Alkoholkonsum, sondern endlich der immer mehr banalisierte Kombikonsum von Alkohol mit anderen Drogen ins Visier genommen werden», schreibt Verena Herzog, SVP-Nationalrätin auf Anfrage der Today-Redaktion.

Dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Leute, die sich in fahrunfähigen Zustand versetzen, kostenlos herum zu chauffieren, findet auch FDP-Politiker Andrea Caroni. «Sonst müsste der Staat ja auf Kosten der Allgemeinheit auch Gratis-Taxis für Leute anbieten, die aus anderen Gründen nicht fahren können», so Caroni.

Gastrobetriebe sollen Verantwortung tragen

EVP-Nationalrat Fabio Regazzi sieht andere Möglichkeiten, Unfälle im Zusammenhang mit Drogen und Alkohol zu verhindern: Personen, die gegen das Gesetz verstossen, sollen strengere Strafen erhalten. Es brauche mehr Vorbeugung und Sensibilisierung, sowie einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs – zum Beispiel an Wochenenden mit einem gezielten Angebot für Nachtschwärmer.

Beim blauen Kreuz wünschte man sich zum Beispiel, dass die Gastrobetriebe und Clubs mehr in die Pflicht genommen würden. «Jede und jeder soll heil nach Hause kommen und nicht andere gefährden. Verantwortlich sind dafür jene, die die Leute vorher abfüllen». schreibt Martin Bienlein, Medienverantwortlicher beim blauen Kreuz.

Ein Glas ist nicht ‹kein› Glas

Ausserdem will man die Nullpromilleregel. «Es fehlt immer noch die Akzeptanz dass ‹wer trink, nicht fährt›. Die sichere Menge ist Null», so Bienlein.

Bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung sieht man die Entwicklung seit der Nullpromille-Grenze währen der ersten drei Jahre zum Beispiel auch positiv. «Im Ganzen gesehen ist Alkohol noch eines der grössten Sicherheitsrisiken im Strassenverkehr, aber eine generelle Zunahme ist nicht feststellbar», schreibt Thomas Kramer, wissenschaftlicher Mitarbeiter Verkehrsverhalten.

«Ausgebautes Nachtnetz ist wichtig»

Für Alexander Bücheli, Pressesprecher der Schweizer Bar- und Club-Kommission gibt es zwischen Italien und der Schweiz wesentliche Unterschiede. «Hier befinden sich die Clubs eher in den Städten, wo es auch ein Nachtnetz gibt und nicht auf dem Lande, wo man nur mit dem Auto hinkommt», so Bücheli.

Bücheli sagt, dass es in der ganzen Schweiz mehrere Projekte im Bereich der Strassensicherheit gibt. «Die wichtigste präventive Massnahmen stellt aber ein gut ausgebautes Nachtnetz dar. Nur dieses verhindert, dass die Leute mit dem Auto in den Ausgang gehen. Es geht ja nicht nur um Alkohol, sondern auch darum zu verhindern, dass sich jemand übermüdet hinters Steuer setzt», fügt Bücheli an.

Um nach einer Feier sicher nach Hause zu kommen, gibt es bereits verschiedene Projekte. Der wohl bekannteste Fahrdienst ist «Nez Rouge». Die Fahrerinnen und Fahrer bringen dich und dein Auto in der Winterzeit sicher von der Weihnachtsfeier nach Hause. Der Fahrdienst kann aber auch für Firmenfeiern und Hochzeiten über das ganze Jahr gebucht werden.

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veröffentlicht: 9. August 2023 18:02
aktualisiert: 10. August 2023 14:08
Quelle: Today-Zentralredaktion

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