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Wird die Umfahrung Aarwangen zu einem zweiten «Fall Klus»?

Abstimmungen

Wird die Umfahrung Aarwangen zu einem zweiten «Fall Klus»?

· Online seit 13.03.2023, 16:49 Uhr
Das Berner Stimmvolk hat am Sonntag entschieden: Bei Aarwangen soll es eine Umfahrung geben. Der Entscheid fiel knapp aus, anders als noch 2017, als bereits einmal abgestimmt wurde. Nun geht der Kampf auf dem juristischen Parkett weiter.
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Auch ein knapper Entscheid ist ein Entscheid: Das Berner Stimmvolk hat am Sonntag dem Kredit für die Verkehrssanierung Aarwangen zugestimmt – mit 51,7 Prozent. 2017 waren es noch 60,1 Prozent der Stimmberechtigten, die Ja sagten zum Projektierungskredit. Ein Grund für die schwindende Zustimmung ist, dass mittlerweile klar ist, wo die Umfahrungsstrasse konkret durchführen wird.

Von dieser «Betonlinie» betroffene und nicht betroffene Landwirte vereinten sich in der Interessensgemeinschaft «Natur statt Beton», taten sich mit dem Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) zusammen und mobilisierten gegen die Umfahrung. Es gab auch diverse Protestaktionen:

Quelle: BärnToday / Warner Nattiel

Thunstetten hat Bevölkerung mobilisiert

Thunstetten hatte vor sechs Jahren als einzige Oberaargauer Gemeinde schon den Projektierungskredit abgelehnt, denn die Gemeinde wird durch die neue Strasse be- statt entlastet. Am Sonntag war die Ablehnung noch viel stärker. Hans Peter Vetsch, Gemeindepräsident von Thunstetten, sagt auf Anfrage, durch die Umfahrung entstünde Schleichverkehr, der Thunstetten längerfristig belasten würde. Ausserdem wolle das Dorf einen längeren Tunnel, um das Bützberg-Täli und das Kulturland zu schonen. «Deswegen haben wir die Bevölkerung dazu aufgerufen, gegen den Kredit zu stimmen», sagt Vetsch. Ausserdem führt die Gemeinde offiziell Beschwerde gegen das Projekt.

Diesem Aufruf zur Ablehnung folgte ein Grossteil der Bevölkerung: Gut 76 Prozent stimmte gegen die Umfahrung. Das ist der Höchstwert an Nein-Stimmen im Kanton Bern:

Vetsch sieht das Hauptproblem in Aarwangen beim «Bipperlisi», der Bahnlinie der Aare Seeland mobil AG, und nicht bei der Verkehrsmenge. Die Bahn nehme sehr viel Platz ein und verhindere, dass der Verkehr anständig fliessen könne. Seine Lösung:

Vetsch und Thunstetten wollen den Kampf nun juristisch weiterführen: «Wenn wir nicht zu unseren Lösungen kommen, werden wir diese erstreiten und weiterziehen – wenn nötig auch bis vor Bundesgericht.»

Könnte es der Umfahrung Aarwangen deshalb ähnlich ergehen wie jener in der Klus im Kanton Solothurn, die kürzlich von den Gerichten gestoppt wurde? Ein Insider sagt gegenüber 32Today: Nein, dieses Risiko erachte er als klein. Es werde vielleicht Feinjustierungen der Umfahrungsstrasse geben; einen kompletten «Abschuss» des Projekts, wie es die Gegner in der Klus mit einem Gutachten des Denkmalschutzes erreicht haben, werde es kaum geben.

«Wir hatten auch etwas Glück»

In Aarwangen ist man über den Entscheid froh, so auch Gemeindepräsident Niklaus Lundsgaard-Hansen. «Wir sind froh, hat es gereicht. Es wurde aber sicher knapp», sagt er auf Anfrage. Viele Leute hätten aus Vorsicht gegen den Kredit gestimmt, «schliesslich geht es um sehr viel Geld.» Ausserdem seien Themen wie Klimawandel und Biodiversität noch mehr im Gespräch als noch 2017. Zum Ausgang sagt Lundsgaard-Hansen: «Wir hatten auch etwas Glück.»

Der Gemeinderat von Aarwangen sei von Anfang an hinter dem Projekt gestanden. Das habe er auch so der Öffentlichkeit mitgeteilt. «Ich habe als Gemeindepräsident klare Haltung zum Thema bezogen, das ist auch meine persönliche Meinung», so Lundsgaard-Hansen weiter. Der Gemeinderat habe sich aber dazu entschieden, gegenüber der Bevölkerung neutral zu sein.

Böses Blut zwischen den Gemeinden gebe es deswegen aber nicht. «Geschätzt haben wir den Abstimmungskampf Thunstettens sicher nicht, und weil Thunstetten offiziell Beschwerde gegen das Projekt führt, ist unsere Beziehung sicher nicht so warmherzig wie zu anderen Gemeinden.» Das soll aber keine Rolle spielen, die Gemeinden würden schliesslich trotzdem weiter auf professioneller Ebene zusammenarbeiten.

Thunstetten war übrigens bei Weitem nicht mehr die einzige Oberaargauer Gemeinde gegen die Umfahrung Aarwangen. Nicht weniger als 13 Gemeinden haben dieses Mal Nein gesagt, darunter Herzogenbuchsee und Madiswil.

veröffentlicht: 13. März 2023 16:49
aktualisiert: 13. März 2023 16:49
Quelle: 32Today

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